Der weibliche Weg zum Erfolg - Die 4 unbewussten Frauenfallen erkennen und auflösen

Der weibliche Weg zum Erfolg - Die 4 unbewussten Frauenfallen erkennen und auflösen

von: Stephanie Ekrod

Kösel, 2015

ISBN: 9783641152932

Sprache: Deutsch

160 Seiten, Download: 944 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Der weibliche Weg zum Erfolg - Die 4 unbewussten Frauenfallen erkennen und auflösen



FALLE 1:
STÄNDIG AUF EMPFANG – DIE INTERPRETATIONSKÖNIGIN

Corinna Lange ist seit über 25 Jahren als Spezialistin und ausgewiesene Expertin auf ihrem Gebiet in einem großen deutschen DAX-Konzern tätig. Die Naturwissenschaftlerin, eine gestandene Frau, mit allen Wassern des Konzernlebens gewaschen, ist inhaltlich leidenschaftlich mit ihrer Aufgabe verbunden und auch mit ihrer Position im Unternehmen sehr zufrieden. Allerdings gibt es seit ein paar Monaten viel Unmut in ihrer Abteilung, und die Freude an der Arbeit ist Corinna mittlerweile ziemlich vergangen. Als sie mich konsultiert, geht es fast ausschließlich um die Frage: »Wie komme ich bloß mit meinem neuen Chef zurecht?«

Er steht ihr erst seit einem Jahr vor, ist gut zehn Jahre jünger als sie, und obwohl sie ihn fachlich durchaus respektiert, ist er menschlich für Corinna aufgrund seiner distanzierten Art nur sehr schwer zugänglich.

Ein großes Ärgernis für Corinna ist beispielsweise, dass sie sich von ihrem neuen Chef regelrecht gegängelt fühlt. Sie stuft sich selbst als sehr versiert und vor allem äußerst gewissenhaft ein. Hin und wieder kommt es vor, dass ihr Chef ihr eine Aufgabe überträgt. Es ist kein Problem für sie, wenn er ihr keine genauen Angaben zum Timing oder zur Priorität der Arbeit macht, da sie sich durchaus in der Lage sieht, dies selbst einschätzen zu können. Umso ärgerlicher für sie, wenn sie ihrem Chef dann auf dem Flur begegnet und er sich im Vorbeigehen bei ihr erkundigt: »Ach, Frau Lange, haben Sie in der Sache X schon etwas unternommen?«

Da dieser Satz nicht nur einmal fiel und Corinna sehr wütend darauf reagierte, befassten wir uns bei einem nächsten Treffen genauer damit.

Das Phänomen

Es gibt Sätze, die kommen vermeintlich harmlos daher, tatsächlich aber enthalten sie emotionales Dynamit. Das sind solche Sätze oder Fragen wie aus unserem Fallbeispiel. Oder wenn ein Kollege feststellt: »Ach, du gehst gerade.« Oder Ihr Chef verlauten lässt: »Das Ergebnis ist o.k., den Prozess müssen wir das nächste Mal aber anders gestalten.«

Solche Sätze begegnen mir in Einzelcoachings immer wieder. Bemerkenswert daran ist, dass meine jeweilige Gesprächspartnerin und ich uns oft mindestens eine Sitzung lang mit einem einzelnen solchen Satz beschäftigen bzw. von ihm beschäftigt werden. Warum ist das so?

Wir Frauen entwickeln und trainieren von klein auf ein geradezu seismografisches Empfangssystem. Es scheint, dass wir immer alle Ohren offen und alle Antennen ausgefahren haben. Dadurch wissen wir natürlich, wie sich andere Menschen fühlen, was sie denken und vor allem: was sie von uns erwarten. Dies brauchen sie uns gar nicht explizit mitzuteilen, mühelos lesen wir es ab. Von ihrer Mimik, ihrer Gestik und aus dem Kontext der Gesamtsituation. Kein Problem. Wir kennen die Erwartungen. Die unserer Männer, unserer Kinder, der eigenen Eltern, der Freundinnen, der Kollegen, der Chefs, der Kunden, der Nachbarin, der Elternpflegschaftsvorsitzenden usw. Kein Wunder also, dass wir uns oft unter Druck gesetzt oder gar innerlich zerrissen fühlen.

Wir sind wunderbar darin ausgebildet, die Schwingungen der Gesamtsituation zu erfassen und richtig zu interpretieren. Richtiges Interpretieren ist sozusagen die weibliche Königsdisziplin. Wir tun das oft, viel und gerne, und sind den meisten Männern darin haushoch überlegen.

Die Wissenschaft ist zwar noch zu keinem endgültigen Ergebnis gekommen, ob dieses Phänomen sozialisationsbedingt oder genetisch verursacht ist. Jedenfalls ist empirisch nachgewiesen, dass es dabei bereits im frühen Babyalter signifikante Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen gibt.

Eine amerikanische Studie (beschrieben von Louann Brizendine in Das weibliche Gehirn) veranschaulicht dies auf sehr plastische Art und Weise. Folgendes Setting schufen die Wissenschaftler zu diesem Zweck: In einem leeren Raum befand sich nichts weiter als ein einfacher Gegenstand. Nun wurden Mütter mit ihren Kleinstkindern (ca. ein Jahr alt) mit der Vorgabe in den Raum geschickt, dass die Kinder den Gegenstand nicht berühren sollten. Die Schwierigkeit bestand darin, dass die Mütter die Kinder zwar verbal, aber nicht durch Körperkontakt davon abhalten durften.

Was war zu beobachten? Der überwiegende Teil der Mütter von kleinen Jungs hatte kaum eine Chance. Ihre Kinder kamen in den Raum und erkundeten ihn und den Gegenstand neugierig, ohne besonders auf die Mutter zu achten. Kaum ein Junge sah sich nach seiner Mutter um oder achtete auf ihre Zeichen. Selbst ein deutlich vernehmbares Nein hielt einige Jungen nicht davon ab, den Gegenstand zu berühren. Anders bei den kleinen Mädchen. Bevor sie aktiv wurden, sahen sie sich ca. zehn bis zwanzig Mal öfter als die Jungen nach der Mutter um, um deren Einschätzung abzufragen und sich rückzuversichern.

Die Studie zeigt also, dass Mädchen bereits im Kleinstkindalter nicht nur auf verbale Hinweise reagieren, sondern auch auf andere Signale aus ihrer Umgebung – vor allem Gesichtsausdrücke und körpersprachliche Signale von Bezugspersonen. Von klein auf trainieren wir so dieses empfindliche Empfangssystem.

So weit die Ausgangssituation. Zunächst sind die gut ausgebildeten weiblichen Antennen sehr positive Ressourcen, und in vielen Situationen kommt uns diese Fähigkeit durchaus zugute. Doch was sich in dem einen Kontext als nützlich erweist, ist in anderen Situationen belastend und nachteilig.

Die Auswirkungen

Viele Frauen kennen folgendes Phänomen: Wir hören einen Satz – vielleicht so einen wie in unserem Fallbeispiel: »Haben Sie in dieser Angelegenheit schon etwas unternommen?«

Die äußerliche Reaktion darauf besteht aus einem knappen »Nein, noch nicht« und allenfalls noch einem kurzen, belanglosen Smalltalk auf dem Büroflur. Zurück am eigenen Arbeitsplatz startet jedoch ein ganz anderes Programm. Wir fangen an zu interpretieren und lassen uns auf einen ausgiebigen inneren Monolog ein. Häufig verläuft dieser in unterschiedlichen, aber sich ähnelnden Stadien. In unserem Fallbeispiel sah er ungefähr so aus:

Die Interpretationsphase

»Wieso hat mein Chef mir eigentlich diese Frage gestellt? Vor zwei Tagen erst hat er mir den Job übertragen. Er hat mir keinen Termin genannt und auch sonst keinen Hinweis auf eine Priorität gegeben. Will er mir damit etwa sagen, dass er schon längst eine Rückmeldung erwartet hätte? Oder dass ich zu langsam an die Sache rangehe? Es ist ja auch nicht das erste Mal, dass er so mit mir umgeht. Bei einer Mitarbeiterin wie mir müsste er doch eigentlich wissen, dass so eine Frage vollkommen überflüssig ist. Wenn ich in dieser Hinsicht schon etwas Nennenswertes hätte bewirken können, hätte ich ihm doch von mir aus Bericht erstattet. So gut müsste er mich wohl einschätzen können. Wahrscheinlich ist das seine verschlüsselte Art, Tempo zu machen. Direkte Kommunikation ist auch nicht wirklich seine Stärke. Er guckt einem ja auch nie in die Augen …« und so fort.

Die Gefühlsphase

Wenn wir überzeugt sind, alle Signale aus dieser und allen vorhergehenden Situationen abschließend gesammelt und richtig interpretiert zu haben, geht die Gefühlswelle los. Der innere Interpretationsmonolog hört sich dann ungefähr so an:

»Eine echte Unverschämtheit! Weiß der eigentlich, was ich zurzeit alles auf dem Schreibtisch habe? Mir einfach so im Vorbeigehen zu stecken, dass er mich zu langsam findet! Wenn ihm die Sache so wichtig ist, wieso macht er dann keine Zeitvorgabe? Das ist echt unglaublich. Seit zwanzig Jahren mache ich hier einen sehr guten Job und bekomme immer wieder ausgezeichnete Feedbacks in den Jahresbeurteilungen, und jetzt tut der so, als ob man bei mir alle zwei Tage nachhaken müsste, um die Sache voranzutreiben. Als wenn er mir die Einschätzung dieser Angelegenheit nicht zutrauen würde. Als wäre ich komplett inkompetent …«

Die Rechtfertigungs- oder Argumentationsphase

Oft schließt sich dann noch eine Rechtfertigungsphase an: »Wir sind hier sowieso konsequent unterbesetzt. Vera ist schon seit einem halben Jahr krankgeschrieben, Klaus hat gekündigt, und kein Nachfolger ist in Sicht. Was wir hier in den letzten Monaten wegschaffen, wird von niemandem gesehen oder gewürdigt. Wer soll dabei eigentlich noch motiviert bleiben …«

Die Schlussphase

Gibt es nicht. Diese Art von innerem Monolog kann wirklich unendlich lange dauern. Stunden, Tage oder sogar Monate. Glück hat, wer irgendwann durch andere davon abgelenkt wird.

Beginnen wir ein solches inneres Gespräch im Auto, auf dem Heimweg, unter der Dusche oder beim Aufräumen zu Hause, dann wird es entweder beendet, weil wir zu Hause angekommen sind, aus der Dusche rausmüssen, das Telefon klingelt oder wir anderweitig darin unterbrochen werden.

Wenn ich Teilnehmerinnen an Vorträgen oder Seminaren frage, wer von ihnen solche inneren Interpretationsmonologe nicht kennt, habe ich noch keine Frau ihre Hand heben sehen. Wenn ich dann weiterfrage, wie wir uns nach solchen Monologen fühlen, sind die Antworten meist einmütig: schlapp, erschöpft, wütend, traurig, ausgelaugt.

Die nächste Frage, die ich anschließe, ist: »Haben wir nach einem solchen Monolog das Problem gelöst oder die Situation irgendwie positiv beeinflusst?« In der Regel ist das nicht der Fall.

Ich frage weiter: »Hat sich die Beziehung zu Ihrem inneren Gesprächspartner in irgendeiner Form verbessert? Ist das Beziehungskonto jetzt wieder ausgeglichen?« Natürlich nicht. Das Gegenteil ist eingetreten.

Warum also machen wir das...

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