Rein ins Vertrauen! - Wie wir jede Welle im Leben nehmen

Rein ins Vertrauen! - Wie wir jede Welle im Leben nehmen

von: Karen Christine Angermayer

Goldmann, 2015

ISBN: 9783641143855

Sprache: Deutsch

352 Seiten, Download: 636 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Rein ins Vertrauen! - Wie wir jede Welle im Leben nehmen



Den Fuß in die Luft setzen

»Normal ist es, sich Klamotten anzuziehen, die du dir für die Arbeit kaufst, und durch den Verkehr zu fahren in einem Auto, das du immer noch abbezahlst – um zu dem Job zu kommen, den du brauchst, um die Klamotten und das Auto bezahlen zu können und das Haus, das den ganzen Tag leer steht, damit du es dir leisten kannst, darin zu leben.«

Dieses Zitat stammt im Original von Ellen Goodman, einer amerikanischen Journalistin und Kolumnistin, die 1980 den Pulitzer-Preis gewann. Ich habe es frei übersetzt.

Seine Aussage ist für viele Menschen Realität. Für dich auch? Hast du auch manchmal das Gefühl, dass du unverhältnismäßig viel arbeiten musst, um dann »gerade so« über die Runden zu kommen? Dass du den überwiegenden Teil des Monats dem Geld eher hinterherrennst, als dass es von selbst zu dir kommt und gerne bei dir bleibt?

Das Thema Geld beschäftigt viele Menschen und ist für viele eine ernste und »existenzielle« Angelegenheit. Ist das nicht merkwürdig? Es wurde doch erfunden mit dem Zweck, ein reines Tauschmittel zu sein, oder nicht? Es wurde eingeführt, damit man nicht mehr halbe Schweine oder ganze Kühe oder fünf Laibe Brot bzw. säckeweise Kartoffeln oder Mehl eintauschen musste. Leichter sollte er gehen, der Tausch von Waren und Dienstleistungen.

Heute könnte man meinen, dass unser ganzes Glück, unsere Zufriedenheit und unser Wohlbefinden davon abhängen – ja, oft auch unsere Beziehungen und unsere Gesundheit! Viele Partnerschaften werden nur aufrechterhalten, weil man finanziell voneinander abhängig ist. Auch Gesundheit bzw. Genesung sind ein wertvolles Gut geworden – immer weniger wird von den Krankenkassen übernommen. Überall in unserem Leben ist das Geld mit im Spiel. Ebenso mit von der Partie sind unsere Ängste rund ums Geld: Wenn ich keins habe – wird welches zu mir kommen? Wenn ich viel davon habe – wie kann ich es schützen, um zu verhindern, dass ich es wieder verliere?

Die Fragen ähneln interessanterweise denen, die wir uns rund um die Liebe stellen. Tatsächlich löst das Geld, das doch eigentlich reine Materie ist und nichts Menschliches an sich hat, sehr starke Emotionen bei uns aus: Glück, Trauer, Schmerz, Verlustängste, Wut, Zorn, Vergeltungssucht, Neid, Eifersucht …

Warum ist das so? Warum lassen wir das Geld dermaßen über unser Dasein bestimmen, geben ihm einen so großen Stellenwert, machen uns von ihm abhängig, lassen uns von ihm gängeln und in unseren Entscheidungen beeinflussen? Weil wir – wie in der Liebe – so oft nicht vertrauen.

Darauf vertrauen, dass wir immer mit allem versorgt sind, was wir brauchen. Darauf vertrauen, dass wir frei sind. Darauf vertrauen, dass wir es wert sind, dass wir das Geld oder den Erfolg verdienen. Darauf vertrauen, dass wir uns verändern dürfen, wenn uns das tägliche Tun nicht mehr erfüllt oder wir neue Ideen haben. Und darauf vertrauen, dass unser Einkommen uns erhalten bleibt oder zur rechten Zeit da ist, damit wir unsere Grundbedürfnisse stillen können: Nahrung, Kleidung, ein Dach über dem Kopf … Jeden Tag geht es genau um dieses Vertrauen.

Wie stark ist dein Vertrauen in deine finanzielle Freiheit und den stetigen Geldfluss in deinem Leben?

Glaubst du, dass du frei bist und dass dir dein Geld durch einen erfüllenden Beruf oder aus anderen Quellen zufließt? Oder gehörst du zur Mehrheit derer, die sich unfrei fühlen? Denen sich beim Thema Geld der Hals zuschnürt? Die nicht wissen, wie sie über den Monat kommen sollen? Die sich übernommen haben mit dem Hausbau oder anderen Krediten? Die sich eigentlich gerne verändern möchten oder es einem Familienmitglied gerne erlauben würden, sich zu verändern, aber nicht wissen, wie sie das bezahlen sollen?

Wer von uns hat nicht schon oft einen Traum, einen Herzenswunsch auf die lange Bank geschoben oder ihn nie verwirklicht, weil er dachte, es sei nicht genug Geld dazu da? Kennst du jemanden, oder kennst du es von dir selbst? Ich kenne solche Momente, ich habe sie erlebt.

Der Text, den meine Freundin Alexandra schrieb, während ich an diesem Buch arbeitete, dreht sich genau um dieses Thema. Ich fand ihn so schön und so passend, dass ich sie gebeten habe, ihn mit ins Buch aufnehmen zu dürfen. Er bringt einige der großen Ängste auf den Punkt, die viele von uns von der Verwirklichung unserer Träume abhalten. Alexandra hat etwas vollbracht, das sich nur ganz wenige trauen: Sie hat den Fuß in die Luft gesetzt, wie es die Dichterin Hilde Domin (1909 – 2006) so schön gesagt hat: »Ich setzte den Fuß in die Luft, und sie trug.«[2]

Die Luft, das ist das Ungewisse, die Zukunft, die wir nicht kennen, der Raum, der sich öffnet, wenn wir das Gewohnte verlassen. Alexandra hat erfahren, was in diesem Raum passiert:

Ich erinnere mich, wie die Schneeflocken auf meinem Gesicht mit meinen Tränen verschmolzen, und ich durch diesen salzigen Flockenschleier die Straßenbahn wieder und wieder an mir vorbeifahren sah. Ich stand nur da und konnte nicht einsteigen. Die Bahn würde mich in mein Fotostudio bringen, wo ich seit Jahren meiner Rente entgegenarbeitete. Ich hatte schon lange das Gefühl, dass wir kein »Paar« mehr waren, die Fotografie und ich. Immerhin hatte diese Liebe fast zwanzig Jahre gehalten. Irgendwann wurde jeder Arbeitstag zur Qual, und ich träumte davon, etwas völlig anderes zu machen.

Wie viele Menschen mit einem »normalen« Realitätssinn ignorierte ich das, was mein Herz und mein Bauch von mir wollten. Ich schenkte meinem Frust und meinen neuen Sehnsüchten keine Beachtung. Wenn ich mich doch einmal traute, darüber zu sprechen, hörte ich Sätze wie: »Du hast diesen Weg gewählt, jetzt musst du ihn auch zu Ende gehen«, oder: »Dein Gehalt ist voll in die Hausfinanzierung eingebunden. Du kannst doch jetzt nicht einfach aufhören!« Ich sollte also in meiner gewohnten Bahn bleiben. Was aber, wenn unser Leben plötzlich so nicht mehr funktioniert? Wir aus der sprichwörtlichen Bahn herauskatapultiert werden?

Ich wäre niemals ausgebrochen, wenn mir Christine nicht eines Tages dieses wundervolle Zitat aus einem Gedicht geschrieben hätte: »Ich setzte den Fuß in die Luft, und sie trug.« Ich habe erst nicht begriffen, was sie damit meinte. Den Fuß in die Luft setzen und hoffen, dass sie hält?

Ich sollte aus meinem bisherigen Leben springen, ohne Netz und doppelten Boden?

Einfach in ein anderes Leben, ohne zu wissen, was morgen ist? »Bleib im Urvertrauen, dass alles an seinen Platz fällt. Deine Welt sorgt für dich«, hat sie damals zu mir gesagt. Das Wort »Urvertrauen« hat etwas mit mir gemacht. Ich erinnerte mich an ein Gefühl. Ein sehr frühes Gefühl. Als Kind hatte ich dieses Urvertrauen, dass alles wieder gut werden würde, egal wie traurig ich war. Ich musste nur fest daran glauben, und das Problem würde sich auflösen wie Zuckerwatte in heißem Wasser. Ich habe niemals nach dem Wie gefragt. Das Wie kam von selbst und mein kindliches Vertrauen war unerschütterlich. Irgendwann auf dem langen Weg zum Erwachsensein ist es mir abhandengekommen. Aber die Erinnerung an dieses fast vergessene kindliche Vertrauen machte mir Mut.

Ich bin gesprungen, ohne Netz und doppelten Boden. Die Landung war weicher, als ich gedacht hatte. Mein Urvertrauen hat mich nicht im Stich gelassen. Ich habe meinem einst geliebten Beruf »Adieu« gesagt. Ich wollte schreiben und Bücher vorlesen. Ich lernte während der Sprecherausbildung und den Schreibseminaren Menschen kennen, die mein Leben bereichert haben und von denen mich manche immer noch begleiten. Wo immer ich in den letzten Jahren hingekommen bin, ich habe mich niemals fehl am Platz gefühlt. Alles ist gut, ich habe mein altes Leben losgelassen. Ich bin dankbar für jeden Tag, an dem ich vorankomme. In kleinen Schritten meinen Träumen entgegen.

Ich habe eine Postkarte an meiner Pinnwand. Darauf steht:

»Aus Sehnsucht wird Mut geboren. Ohne Sehnsucht machen wir uns nicht auf den Weg.« Mut und Urvertrauen gehen seitdem Hand in Hand mit mir durchs Leben. Sie sind der Boden, auf dem ich aufkomme.

Die Menschen in meiner Umgebung sagen oft zu mir, dass ich mich verändert habe. Ich sei »ganz in meiner Mitte«.

Vor allem habe ich wieder gelernt, dem Leben zu vertrauen. Geholfen hat mir die Freundin und Autorin, die endlich ein Buch über dieses wichtige Thema »Urvertrauen« geschrieben hat. Sie hat es vorgelebt und weiß, worüber sie schreibt. Ich werde dieses Buch verschenken, wenn ich Menschen treffe, von denen ich glaube, sie könnten dieses Urvertrauen so gut gebrauchen wie ich damals, als ich die Füße in die Luft setzte und nicht in den Abgrund fiel.

Alexandra Link im Januar 2014

Danke, liebe Freundin, für diesen Text, der mich, als ich ihn zum ersten Mal las, so berührt hat, dass mir die Tränen über die Wangen liefen. Sie liefen und liefen, weil du genau das beschreibst, was so viele von uns jeden Tag beschäftigt: die Angst um unsere Existenz, gepaart mit der tiefen Sehnsucht, einfach nur wir selbst zu sein. Danke, liebe Alexandra, für dein Vertrauen in mich und meine Worte! Danke, dass ich an deiner Seite sein und deinen...

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