Wiley-Schnellkurs Lineare Algebra II

Wiley-Schnellkurs Lineare Algebra II

von: Thoralf Räsch

Wiley-VCH, 2015

ISBN: 9783527699544

Sprache: Deutsch

240 Seiten, Download: 6836 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Wiley-Schnellkurs Lineare Algebra II



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Koordinatentransformation bei Basiswechselund darstellende Matrizen


In diesem Kapitel

  • Mit Transformationsmatrizen Blickwinkel anpassen
  • Lernen, Transformationsmatrizen leicht aufzustellen
  • Darstellende Matrizen von linearen Abbildungen betrachten
  • Mit kommutativen Diagrammen den Überblick behalten

Kennen Sie das Gefühl, dass es manchmal einfach auf die Sichtweise ankommt? Ändern Sie einen Blickwinkel, sieht so manches Unmögliche auf einmal machbar aus. Ich zeige Ihnen in diesem Kapitel, wie Sie den Blickwinkel auf Vektoren (und später auf ganze lineare Abbildungen) ändern können und sich diese leichter beschreiben lassen.

Lassen Sie mich mit einem Gedankenexperiment starten: Stellen Sie sich die reelle Ebene 2 vor und zeichnen Sie in Gedanken den Vektor ein. Nun drehen Sie diesen Vektor, so dass er in Richtung der x-Achse zeigt, also auf dieser Achse liegt. Welche Koordinaten hat nun der Vektor?

Ganz einfach überlegt: Die y-Koordinate ist natürlich gleich null, denn der Vektor liegt nun auf der x-Achse. Die x-Koordinate dagegen entspricht gerade der Länge (dem Betrag) des gegebenen Vektors, also muss dieser Wert nach dem Satz des Pythagoras gleich der Wurzel aus

sein, also gleich 5. Somit sind die Koordinaten des gedrehten Vektors . Verstanden?  Ich werde es im nächsten Abschnitt noch etwas genauer anhand von Abbildung 2.1 erläutern.

Erste Schritte der Koordinatentransformation


Lassen Sie uns das Experiment aus der Einleitung noch weitertreiben: Stellen Sie sich noch einmal den Ausgangsvektor vor, wie er links in der Abbildung 2.1 zu sehen ist. Nun kippen Sie das Koordinatensystem soweit nach links, bis der Vektor auf der einen Achse liegt. Dies erreichen Sie auch, indem Sie Ihren Kopf nach links kippen. Rechts in Abbildung 2.1 ist dies angedeutet. Dort sehen Sie noch schwach das alte Koordinatensystem und stärker betont die neue gekippte Version.

Abb. 2.1 Verschiedene Blickwinkel auf ein und denselben Vektor

Jetzt gehen Sie nochmals von der Ausgangssituation aus. Drehen Sie nun das Koordinatensystem in Gedanken. Wichtig dabei ist, dass Sie den Ausgangsvektor nicht mitdrehen! Drehen Sie derart, dass nun die (neue) x-Achse exakt in Richtung des gegebenen Vektors liegt. Wenn Sie nun bezüglich dieses neuen Koordinatensystems die Koordinaten bestimmen, dann stellen Sie fest, dass diese erneut gleich sind. Aber wie kann das sein? Es ist doch der gleiche Vektor, den wir unangetastet gelassen haben? Ganz einfache Erklärung: Sie haben Ihren Blickwinkel geändert. Der betrachtete Vektor ist unverändert geblieben, aber ihr Kopf hat sich gedreht, so dass ein und derselbe Vektor nach der Drehung des Kopfes nicht mehr so kompliziert aussieht, denn er zeigt in eine der Standardrichtungen, nämlich in Richtung einer Koordinatenachse.

Beispiel 2.1

Ich möchte Ihren Blickwinkel auf das mathematische Drehen des Koordinatensystems etwas versüßen: Stellen Sie sich vor, die kleine Kattrin hat heute Geburtstag und bekommt von Ihrem besten Freund scheinbar nur eine Nachricht: »Dein Geschenk findest Du vom Türrahmen aus am Ende des Schrittlängenvektors mit den Koordinaten (3,4)«. Sie grummelt und ist sich nicht sicher, was das bedeuten soll.

Das Geschenk möchte sie dennoch haben und so dreht sie hoffnungsvoll die Karte um. Sie strahlt, denn dort heißt es: Oder Du setzt Deine Brille auf und kippst Deinen Kopf knapp zwei Drittel eines rechten Winkels nach links. Stelle Dich dann in den Türrahmen und schon siehst Du in fünf Schritteinheiten in der roten Richtung Dein Geschenk!«. Sie ist skeptisch, nimmt aber die Brille auf. Auf den Gläsern sieht sie ein Koordinatensystem eingezeichnet: Die x-Richtung rot, die y-Richtung grün. Sie schaut in x-Richtung, geht fast los, aber erinnert sich grinsend. Sie kippt fröhlich den Kopf um knapp 60 Grad (genauer gesagt: sin = sin ≈ 53 Grad) und geht dann in die (neue gekippte) rote Richtung. Sie strahlt voller Freude, als sie ihr Geschenk erblickt. Betrachten Sie unter diesem Blickwinkel noch einmal die Abbildung 2.1 und freuen Sie sich mit der kleinen Kattrin über ihr Geschenk.

Sie sehen: Ändern Sie den Blickwinkel, ändern Sie die Sichtweise auf eine Sache, setzen Sie bildlich gesprochen eine andere Brille auf, so kann die Welt gleich viel bunter erscheinen, obwohl es immer noch die gleiche ist. Ebenso erhalten Vektoren plötzlich einfachere Koordinatendarstellungen. Solche Phänomene schauen wir uns als Erstes in diesem Kapitel an.

Transformationsmatrizen für einen Basiswechsel


Zunächst überlegen wir uns, wie man das im Bild erkennbare Kopfkippen formalisieren kann. Sie sehen, dass sich die Richtungen der Koordinatenachsen verändert haben. Formal ändern Sie hier die Basis des zugrundeliegenden Vektorraums, also beispielsweise von einer Basis B = (v1,…,vm) zur Basis C = (w1,…,wm). Mit der Basis ändern sich dann natürlich auch die Koordinaten eines jeden Vektors. Schließlich beziehen sich diese stets auf eine Basis und ergeben sich als Skalare in der jeweiligen Linearkombination der Basisvektoren. Mehr über Basen und Darstellungen in Linearekombination lesen Sie im achten Kapitel des Buches Schnellkurs Lineare Algebra.

Aber eines nach dem anderen  starten wir mit den Transformationsmatrizen und beweisen dann, dass diese Matrizen ihren Namen verdienen: Denn sie transformieren Koordinaten von der einen Basis in die andere!

Definition

Sei V ein -Vektorraum für einen Körper . Seien weiterhin B = (v1,…,vm) und C = (w1,…,wm) zwei Basen von V . Die Transformationsmatrix des Basiswechsels von B nach C ist die Matrix TCB = (t ij) ∈ Mat(m × m, ), welche derart definiert ist, dass für alle Spaltenindizes jm die Spalte der Darstellung von vj in der Basis C = (w1,…,wm) entspricht:

Tipp

Die Definition einer Transformationsmatrix besagt, dass der Vektor gerade aus den Koordinaten der Basisdarstellung des Vektors vj (aus der Basis B) bezüglich der neuen Basis C besteht.

Die Transformationsmatrizen sind also gar nicht so schwer aufzustellen. Man nimmt sich jeden Vektor vj aus der alten Basis B her und stellt ihn als Linarkombination bezüglich der neuen Basis C dar. Das sind einfach nur m Gleichungssysteme. Die so erhaltenen Koordinaten, also die Skalare in der Linearkombination, stellen die Spalten der gesuchten Transformationsmatrix von B nach C dar.

Beispiel 2.2

Betrachten Sie die reelle Ebene 2 mit der kanonischen Basis B = (e1,e2) und der Basis C = (, ). Dann haben wir folgende Darstellungen in Linearkombination:

= 2 ⋅ e1 + 2 ⋅ e2, e1 = ⋅ - ⋅,
= 0 ⋅ e1 + 4 ⋅ e2, e2 = 0 ⋅ + ⋅.

Somit ergeben sich die beiden Transformationsmatrizen wie folgt:

Nachdem wir nun gesehen haben, wie man diese Matrizen aufstellt, untersuchen wir ihre Eigenschaften: Diese Transformationsmatrizen verdienen nämlich ihren Namen, wie der folgende Satz zeigt:

Satz

Sei V ein -Vektorraum für einen Körper mit den Basen B = (v1,…,vm) und C = (w1,…,wm). Weiterhin sei die folgende Transformationsmatrix TCB = (t ij) gegeben. Betrachten Sie nun ein beliebiges zV mit seinen Basisdarstellungen in den Koordinaten (λ1,…,λm) bezüglich B sowie (μ1,…,μm) bezüglich C, das heißt, es gilt:

Dann überführt die Transformationsmatrix TCB diese Koordinaten ineinander, so dass gilt:

Beweis:

Mithilfe der Definition der Transformationsmatrix gilt:

i=1mμ iwi = i=1mλ ivi = λ1 ⋅ i=1mt i1 ⋅ wi + + λm i=1mt imwi
= i=1m(λ 1 ⋅ ti1 + + λmtim) ⋅ wi ...

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