Ratgeber Generalisierte Angststörung - Informationen für Betroffene und Angehörige

Ratgeber Generalisierte Angststörung - Informationen für Betroffene und Angehörige

von: Jürgen Hoyer, Katja Beesdo-Baum, Eni S. Becker

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2016

ISBN: 9783840927089

Sprache: Deutsch

83 Seiten, Download: 1331 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Ratgeber Generalisierte Angststörung - Informationen für Betroffene und Angehörige



2 Wie entsteht eine Generalisierte Angststörung? (S. 18-19)

Angst ist grundsätzlich eine biologisch sinnvolle Reaktion mit hohem Überlebenswert. Sie dient als Signal für Gefahr und hilft, diese zu vermeiden. Es ist daher nicht überraschend, dass es eine biologische und genetische Basis für Angst gibt. Allerdings kann die Angstreaktion durch Erfahrung verändert werden. So lernen wir sehr schnell, vor gefährlichen Dingen, die uns verletzen könnten, Angst zu haben und ihnen auszuweichen. Im Vergleich zu anderen erlernten Eigenschaften zeichnen sich erlernte Ängste allerdings dadurch aus, dass sie sehr schwer wieder zu verlernen sind. Zudem lernen wir auch besonders schnell vor Dingen Angst zu haben, die sich ähneln, sodass Ängste sich schnell ausweiten.

Besteht ein „Zuviel“ an Angst, d. h. es wird eine unnötig starke Angst in eigentlich ungefährlichen Situationen gezeigt, spricht man von Angststörungen. Die Entstehung einer Angststörung kann nicht durch eine Ursache oder die biologische Basis allein erklärt werden. Vielmehr muss davon ausgegangen werden, dass Angststörungen durch eine Kombination von „vorbereitenden“ („Vulnerabilität“) und auslösenden Faktoren („Stress“) entstehen. Die Vulnerabilität kann z. B. genetischer oder psychischer Natur (z. B. schlechte Erfahrungen) sein. Zum Auftreten der Störung kommt es jedoch erst dann, wenn Belastungen hinzukommen. Es gibt daher viele Wege zu Angststörungen, und für jeden sieht sein Weg anders aus. Trotzdem sollen im Folgenden einige der typischen Risikofaktoren, die die Entwicklung einer Angststörung begünstigen, beschrieben werden. Dabei müssen auch die Faktoren berücksichtigt werden, die eine Störung aufrechterhalten, selbst wenn die ursprünglichen Belastungen oder der Stress nachgelassen haben.

Fallbeispiele

Frau S. hat mit 4 Jahren ihre Mutter verloren. Sie wuchs abwechselnd bei ihrem Vater, einer ungeliebten Stiefmutter sowie bei einer Tante auf. So machte sie schon früh die Erfahrung, dass im Leben nichts sicher ist, es fehlte eine stabile und vertrauensvolle Umgebung. Als sie dann selbst Mutter wurde, mit all der Verantwortung und Liebe, nahmen ihre Ängste und Sorgen, die sie schon als Kind kannte, deutlich zu. Ständig hatte sie Angst, dass ihren Kindern oder ihrem Mann etwas zustoßen könnte. Zu der Zeit erfüllte sie schon die Diagnose einer Generalisierten Angststörung. Als dann auch noch ihr Mann verstarb, kam eine Depression hinzu. Allerdings blieben die Sorgen um ihre Kinder, ihre Zukunft und die allgemeine politische Lage ihr Hauptproblem.

Frau T. kann sich nicht erinnern, jemals frei von Sorgen gewesen zu sein. Schon als Kind war sie ängstlich und hat sich ungern von den Eltern getrennt. Immer nagte ein unklares Gefühl an ihr, dass etwas schiefgehen könnte, irgendetwas nicht stimmt. Trotzdem hat sie die Schule gut gemeistert und sich meistens wohlgefühlt. Die Familie war ihr immer sehr wichtig. Von daher fällt es ihr auch nicht leicht, nun alleine in F. zu studieren. Das Studium an und für sich bereitet ihre keine Schwierigkeiten. Trotzdem macht sie sich dauernd Sorgen, ob sie es schaffen wird, und wie es dann weitergehen wird. Die Ungewissheit der Zukunft belastet sie sehr. Seit ungefähr einem Jahr nun sind die Sorgen so stark geworden, dass sie nicht mehr gut schläft und sich immer schlechter konzentrieren kann. Frau T. sucht nun Hilfe.

Merke:
Es gibt nicht eine Ursache für die Entstehung einer Generalisierten Angststörung. Vielmehr kommen immer mehrere Dinge zusammen, wie biologische Risikofaktoren, Erfahrungen und Belastungen. Zudem wird die Störung durch bestimmtes Verhalten und Gedanken aufrechterhalten. Die Entwicklung der Störung muss für jeden Patienten individuell bestimmt werden.

2.1 Persönliche Vorbedingungen der Generalisierten Angststörung

Wir wissen, dass „Ängstlichkeit“ ein Merkmal der Persönlichkeit sein kann, d. h. manche Personen sind „von Natur aus“ ängstlicher als andere. Eine solche Ängstlichkeit kann sowohl geerbt als auch erworben werden und dann das ganze Leben über bestehen. Wie stark die genetischen Einflüsse sind, ist wissenschaftlich umstritten.

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