ISO 29119 - Die Softwaretest-Normen verstehen und anwenden

ISO 29119 - Die Softwaretest-Normen verstehen und anwenden

von: Matthias Daigl, Rolf Glunz

dpunkt, 2016

ISBN: 9783864917738

Sprache: Deutsch

264 Seiten, Download: 4698 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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ISO 29119 - Die Softwaretest-Normen verstehen und anwenden



3 Inhalt ISO 29119 – Teil 1: Konzepte und Definitionen


Als einziger Teil der Reihe, der nicht normativ ist, kann ISO/IEC/IEEE 29119-1 leicht in seiner Bedeutung unterschätzt werden.

Um es deutlich auszudrücken: Dieser erste Teil ist sehr wertvoll und liefert außer den Definitionen wichtige grundlegende Prinzipien zum Softwaretesten, die hier unter dem Begriff »Konzepte« zusammengefasst werden. Diese grundlegenden Prinzipien oder Ideen werden von den weiteren Normen der Reihe als vereinbart oder als gegeben vorausgesetzt.

Einen Überblick über die Inhalte der ISO 29119-1 vermittelt Abbildung 3-1. Die Größe der Kästen soll in etwa einen Eindruck vom Anteil der entsprechenden Abschnitte am Gesamtumfang geben.

Abbildung 3-1 Überblick über die Inhalte von ISO 29119-1

Die Gliederung der Norm wird im Folgenden nur grob übernommen, da eine vollständige Darstellung nicht das Ziel dieses Buches ist; hier wird ein Überblick über die Inhalte gegeben und durch Erläuterungen und Interpretationen ergänzt.

Die ISO 29119 enthält besonders in diesem ersten Teil an vielen Stellen sehr detaillierte Ausführungen und weitere Beispiele, die hier aus Platzgründen nicht wiedergegeben werden können.

3.1 Begriffe


Die Norm ISO 29119-1 beinhaltet Definitionen zu 96 Begriffen, die für das Verständnis dieser Norm und der anderen drei Normen der Reihe wesentlich sind.

Es lohnt sich, diese Definitionen genau anzusehen: Gerade für nach ISTQB ausgebildete Certified Tester finden sich hier zwar viele vertraute Definitionen, die weitgehend mit dem ISTQB-Glossar übereinstimmen, andere unterscheiden sich aber deutlich.

Glossar

Ein Beispiel: Sowohl das ISTQB-Glossar (siehe [18] oder auch die Website des GTB [10]) als auch das Glossar in ISO 29119-1 (siehe [ISO29119-1]) beschreiben den Begriff »test result« (im ISTQB-Glossar gibt es den Eintrag »result«, auf den »test result« verweist). Tabelle 3-1 stellt beide Definitionen gegenüber.

Tabelle 3-1 Definitionen des Begriffs »test result« laut ISTQB und ISO

ISTQB

ISO

The consequence/outcome of the execution of a test. It includes outputs to screens, changes to data, reports, and communication messages sent out. See also actual result, expected result.

indication of whether or not a specific test case has passed or failed, i.e. if the actual result observed as test item output corresponds to the expected result or if deviations were observed

Auf den ersten Blick sind beide recht ähnlich; wenn man genauer hinsieht, zeigt sich aber, dass nach ISTQB alle Arten von Ausgaben als Testergebnis verstanden werden können (insbesondere das Istergebnis), während ein Testergebnis bei ISO die Antwort auf die Frage nach »bestanden« oder »nicht bestanden« bezeichnet.

Unterschiede: ISO-Glossar und ISTQB- Glossar

Wie ist das zu erklären? Die Erstellung dieser Definitionen wurde sowohl von den weltweit am Reviewprozess beteiligten als auch den in der Arbeitsgruppe mitwirkenden Experten sehr kritisch beobachtet und die Definitionen sehr genau hinterfragt. Was hier entstand, sollte Hand und Fuß haben. Dabei wurden natürlich bisherige Definitionen berücksichtigt, die aber teils ihre Schwächen hatten, nicht zu den ISO-Regeln1 passten oder nicht mit den neuen Konzepten eines durchgängigen NormenFrameworks mit der einheitlichen Abbildung der Themen Testprozesse, Dokumente und Testentwurfsverfahren vereinbar waren.

Tipp:

Steht man vor der Wahl, sein Glossar nach ISTQB oder nach ISO 29119-1 auszurichten, so ist man gut beraten, sich am ISO-Glossar zu orientieren. Das ISTQB hat in der Vergangenheit stets aktuelle Normen berücksichtigt, und so ist davon auszugehen, dass auch das Glossar des ISTQB sich künftig am ISO-Glossar orientieren wird und die Konflikte aufgelöst werden. Ein einheitliches Glossar für Tester wäre jedenfalls wünschenswert.

Lässt sich die Welt des Softwaretestens in 96 Begriffen erklären? Sicher nicht. Dass die hier dargestellten Begriffe von der Zahl her doch recht überschaubar sind, hat mehrere Gründe:

  • Nur die für das Verständnis der vier Normen notwendigen Begriffsdefinitionen werden hier aufgeführt.

  • Selbsterklärende Begriffe (z.B. Testmodell – ein für das Testen verwendetes Modell) werden ebenfalls nicht aufgeführt.

  • Nur für das Thema Softwaretest relevante Begriffe sind Teil der Begriffsdefinitionen; allgemeine, in der IT übliche Begriffe, können im SEVOCAB bzw. ISO/IEC 24765 nachgeschlagen werden.

Das zuletzt erwähnte SEVOCAB [16] ist ein frei zugängliches Vokabular, das Definitionen aus Standards von ISO, IEEE und PMI zusammenfasst. Es wird regelmäßig aktualisiert und von Zeit zu Zeit als ISO/IEC-Norm unter der Nummer ISO/IEC 24765 herausgegeben. Die (aktuelleren) Zwischenversionen sind jedoch stets über das Webportal des SEVOCAB verfügbar. Die Norm wird in erster Linie benötigt, wenn eine normative Referenz auf einen Begriff erforderlich ist.

Tipp:

Wer heute plant, ein neues organisationsinternes Glossar zu erstellen oder Begriffsdefinitionen zu veröffentlichen, ist gut beraten, das SEVOCAB zu konsultieren; hier versammelt sich wirklich eine Unmenge Definitionen, und zwar konform mit den gültigen Standards aus dem Systems und Software Engineering von ISO, IEEE und PMI. Begriffe neu zu erfinden und einen späteren Konflikt mit anzuwendenden Normen zu riskieren, kann man sich so ersparen.

Auch die Begriffe, die in den Normen der Reihe ISO 29119 definiert sind, gehen ins SEVOCAB ein und sind dort künftig verfügbar.

So wertvoll das SEVOCAB zweifellos ist – wer sich jetzt aus Testersicht mit den Begriffen vertraut machen will, die von den ISO-29119er-Normen benötigt werden, kann sich auf diejenigen Begriffe beschränken, die im ersten Teil der Reihe definiert sind.

3.2 Wichtige Konzepte des Softwaretestens


Einführung in Softwaretest

Neben den Definitionen – die eine notwendige Voraussetzung für ein einheitliches Verständnis der in der weiteren Teilen verwendeten Begriffe sind – enthält ISO 29119-1 umfangreiche Erläuterungen zu Konzepten oder Grundlagen des Softwaretestens. Diese Grundlagen sind in ähnlicher Weise wie die Begriffe eine Voraussetzung für das Verständnis, mit dem die folgenden Teile zu lesen sind. Darüber hinaus können sie als Fundgrube des Wissens über Softwaretest verstanden werden2.

Tipp:

Im Sinne eines gemeinsamen Verständnisses im Projekt kann vereinbart werden, dass jeder Projektmitarbeiter zumindest den ersten Teil der ISO-29119er-Reihe liest. Gerade für die Einarbeitung neuer Mitarbeiter ist das eine gute Sache – damit ist ein Grundstein für eine gemeinsame Sichtweise des Softwaretestens gelegt.

3.2.1 Einführung

Zu den aufgeführten Themen gehören:

  • Einführung in das Testen

    In der Einführung in das Testen werden unter anderem Gründe genannt, warum Softwaretesten notwendig ist. Für manche Vollbluttester ist das vielleicht eine irrelevante Frage – dafür brauche ich doch keine Begründung!

    Wenn aber in einer schwierigen Projektsituation die Notwendigkeit einer Fortsetzung des Testens oder der Erhalt einer Tester-Planstelle zu begründen ist, dann ist es hilfreich, sich nicht nur auf die eigenen Erfahrungen stützen zu können, sondern darüber hinaus auf einen gültigen internationalen Standard.

    Neben einigen anderen ist ein weiterer hier behandelter Aspekt die Diskussion der Ziele des Testens; die Ziele des Testens sind sicher höchst individuell (ein Aspekt, den auch die Norm honoriert), trotzdem – oder vielleicht gerade deshalb – manchmal auch schwer zu fassen.

    Tipp:

    Die Norm kann helfen, wenn es darum geht, Argumente für das Testen (oder für den veranschlagten Testumfang) zu finden oder bei der Definition von Testzielen.

  • Erschöpfendes Testen

    Die Fragestellung, ob es so etwas wie vollständiges oder erschöpfendes Testen (engl. »exhaustive testing«) in der Praxis geben kann, wird unter Testexperten oder in der Literatur nicht sonderlich konträr diskutiert.

    Trotzdem ist es ein wesentlicher Aspekt, der in einer Testnorm nicht fehlen darf – und es kann nützlich sein, sich im Gespräch mit Personen, die mit den hiermit verbundenen Überlegungen nicht vertraut sind, auf eine Norm beziehen zu können.

    Erster Bezug zum risikobasierten Test

    Zurück zu der Fragestellung: Die Norm geht davon aus, dass erschöpfendes Testen, also die Durchführung aller denkbaren Tests und Überprüfungen, in den komplexen Aufgabenstellungen der Praxis nicht...

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