Survivor Dogs. Sturm der Hunde - Band 6

Survivor Dogs. Sturm der Hunde - Band 6

von: Erin Hunter

Beltz & Gelberg, 2016

ISBN: 9783407747075

Sprache: Deutsch

312 Seiten, Download: 3451 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

geeignet für: geeignet für alle DRM-fähigen eReader geeignet für alle DRM-fähigen eReader Apple iPad, Android Tablet PC's Apple iPod touch, iPhone und Android Smartphones Online-Lesen


 

eBook anfordern

Mehr zum Inhalt

Survivor Dogs. Sturm der Hunde - Band 6



1. Kapitel


Lucky riss die Augen auf und ein entsetztes Winseln entfuhr seinem Maul. Er schnappte nach Luft, seine Ohren waren steil aufgerichtet. Es war endlich aus mit dem Krachen und Heulen im Käfighaus.

Es war nur ein Traum … und wir haben doch überlebt!

Er holte tief Luft und spürte die Erleichterung in allen Gliedern. Die Nachtluft war still und kühl. Von seiner Mulde aus sah er, dass ein eiskalter Wind die kahlen Äste der Bäume durchschüttelte, die das Gelände übersäten. Er sah die grasbewachsene Stelle oben am Kliff, wo er und die anderen Hunde nach der vergeblichen Rettungsmission für ihren Freund Flamm wieder auf ihr Rudel getroffen waren. Sweet hatte beschlossen, dass sie trotz der Gefahren, die ihnen hier drohten, vorerst bleiben würden – sie hatten auf ihrer endlosen Jagd nach sicherem Gelände schon zu viel Energie verbraucht.

Lucky wandte sich um und blickte auf Sweet herab, den Alpha des Rudels und seine neue Partnerin. Die Schnellhündin kuschelte sich an Luckys Flanke, ihr warmer Körper lag beruhigend an seinem Fell, ihre Brust hob und senkte sich im Schlaf. Ihre cremeweiße Schnauze zuckte und entspannte sich und sie schnaufte sacht. Lucky hatte ein Kribbeln in den Schnurrhaaren, es war ein vertrautes Gefühl der Zuneigung. Er fuhr ihr liebevoll über die Nase. Sweet schnüffelte, aber sie erwachte nicht.

Lucky stand auf und dehnte sich. Sein Blick fiel auf ihre Mulde, eine Art Höhle zwischen Hecken und Efeu. Es war die beste Mulde auf dem Gelände, die früher ihr damaliger Alpha für sich beansprucht hatte. Er erschauerte beim Gedanken an den Halbwolf. Dieser Verräter! Sich mit Blade und den Scharfhunden zusammenzutun …

Lucky trottete aus der Mulde heraus ins bereifte Gras, das unter seinen Pfoten knirschte. Die Bäume und das abschüssige Gelände schützten sie vor dem schlimmsten Wind, der über den endlosen Düsteren See heraufblies. Trotzdem zerzauste sein eisiger Atem noch Luckys Fell und er schüttelte sich vor Kälte. Der Himmel war ein dicker, dunkler Pelz, winzige Sterne funkelten darin wie wachsame Augen. Lucky stapfte vorsichtig zwischen seinen schlafenden Rudelgefährten hindurch, die verteilt im Gebüsch lagen. Nicht alle hatten in diesem Gelände oben auf den Kliffs bleiben wollen, so nahe an der verlassenen Langpfotenstadt da unten, wo die Scharfhunde sich eingerichtet hatten. Doch Sweet war fest dabei geblieben: Sie konnten Jagdzüge über die Hügel machen, solange es so wenig Beute gab, aber das Rudel insgesamt würde sich nicht von der Stelle rühren. Wenn sie ständig unterwegs waren, würde es sie alle völlig auslaugen. Sie brauchten einen festen Standort, ein Revier, das sie verteidigten – ein Lager, in dem sie zu Hause waren.

Kein Hund hatte sich ihrer Autorität widersetzt. Auch Lucky hatte bleiben wollen, allerdings hatte er andere Gründe zu glauben, dass sie zuerst innehalten mussten.

Bei seinem Gang zwischen den Hunden hindurch blieben seine Augen bei Sturm hängen. Ihr schlafender Körper zuckte wie unter einer großen Anspannung und ihre obere Lefze legte einen langen weißen Fangzahn frei. Unter ihrem Fell spannten sich ihre Muskeln – noch im Schlaf wirkte sie wild und kampfeslustig. Lucky blieb stehen und drehte die Ohren nach hinten. Was mochte sie nur träumen, dass sie so unter Spannung stand? Der Große Knurrer konnte es nicht sein – sie war noch gar nicht geboren gewesen, als der stattgefunden hatte.

Ein leises Grollen drang aus Sturms Maul und Lucky trat unbehaglich von einer Pfote auf die andere. Machte sie noch einmal den brutalen Kampf mit ihrem Wurfbruder Reiß durch? Seither war fast schon eine ganze Reise der Mondhündin vergangen und Sturms hässliche dunkelrote Narben waren fast verheilt. Die Wutprüfung der Scharfhunde verlangte, dass ein Hund den anderen töten musste, sie aber hatten beide überlebt – Sturm hatte bewiesen, wie reif sie war und wie gut sie sich im Griff hatte, indem sie ihren Bruder verschont hatte, obwohl er sie so verbissen angriff. Lucky war wirklich stolz auf Sturm, auf ihre Treue und ihre Zähigkeit.

Mit einem Ruck sprang Sturm plötzlich auf die Pfoten, die weit aufgerissenen Augen durchbohrten nach allen Seiten die Dunkelheit, als meinte sie, dort müsste irgendwo ein Feind sein. Dann ruhten sie schließlich auf Lucky und sie setzte sich mit freundlichem Schwanzwedeln.

Er tappte zu ihr und berührte ihre Nase mit seiner. »Wie geht es dir?«

Sturm streckte die Vorderpfote. »Viel besser. Schau mal: Es tut gar nicht mehr weh, wenn ich sie belaste!« Sie führte es Lucky vor, indem sie einen Kreis um ihn herumging.

Lucky musterte prüfend ihr Gesicht. Die Schürfwunden an der Schnauze waren gut verheilt, aber der fehlende Fetzen an ihrem linken Ohr würde niemals nachwachsen. Er warf einen Blick auf die schlafenden Hunde. »Komm, wir gehen nach draußen.«

Die junge Scharfhündin nickte und folgte ihm bis zu dem ersten der drei niedrigen Bäume auf dem Weg zum Teich. »Warum bist du eigentlich schon früher auf als der Sonnenhund?«, fragte sie.

Lucky seufzte. Wenn er Sturm von seinen Träumen erzählte, würde sie das nur unnötig aufregen. »Je tiefer der Eiswind, desto länger schläft der Sonnenhund. Aber diesen Luxus können wir Hunde uns nicht leisten.« Er wandte den Kopf von Sturm ab und schnupperte heimlich – er meinte, er hätte den scharfen Geruch des Schnees gewittert.

»Je länger wir schlafen, desto angreifbarer werden wir«, stimmte Sturm zu. Dann legte sie ihren dunklen Kopf schief. »Aber vielleicht schlafen ja die Beutetiere auch länger. Vielleicht ist das eine gute Jagdgelegenheit!«

Lucky wedelte aufmunternd mit dem Schwanz. »Versuchen können wir’s ja.« Er hatte das Bedürfnis, da draußen zu sein, zwischen den Bäumen zu suchen und das Gelände bis zu den Kliffs zu durchkämmen. Die Patrouillenhunde überwachten ihr Gelände Tag und Nacht und seit dem Kampf zwischen Sturm und Reiß hatte es kein Anzeichen von ihren Feinden gegeben. Aber Lucky wusste, dass die Wildhunde sich nicht ausruhen durften. Solange Blade und die Kampfhunde da draußen unterwegs waren, war sein Rudel immer in Gefahr.

Der Sonnenhund reckte gerade seine Schnurrhaare über den Horizont, als Sturm neben Lucky trat. Sie ließ einen großen, dicken Vogel neben den fallen, den Lucky bereits gefangen hatte; seine blassbraunen Federn waren mit grauen Flecken übersät. Die Vögel hatten lange schwarze Hälse, auch ihr Gesicht war schwarz, nur unter dem Schnabel hatten sie eine breite weiße Markierung. In den letzten Tagen hatte Lucky riesige Rudel dieser Vögel in den Himmel steigen und über den endlosen Düsteren See fliegen sehen. Sie kamen alle aus derselben Richtung und jedes Rudel folgte seinem eigenen Alpha.

Woher wissen sie alle, wohin sie müssen?, fragte sich Lucky nicht zum ersten Mal. Konnten die Vögel Dinge spüren, von denen Hunde nichts merkten – zum Beispiel, wo der Himmel warm war? Folgten sie dem Sonnenhund in Gegenden, wo er niemals schlafen ging und es immer und ewig hell blieb?

Mehrere Vögel hatten sich auf den Felsen nahe den Kliffs versammelt. Dort hatten Lucky und Sturm ihren Fang gemacht – hoch in der Luft waren die Vögel elegant und schnell, aber auf den Felsen watschelten sie ungeschickt umher.

Lucky und Sturm nahmen die Beutetiere ins Maul und liefen zurück ins Lager. Die anderen Hunde waren inzwischen wach und dehnten sich im niedrigen Licht des Sonnenhundes, während Daisy, die das Rudel über Nacht bewacht hatte, in der Höhle der Patrouillenhunde döste. Sie hob den Kopf, und die anderen Hunde kläfften aufgeregt, als Lucky und Sturm herankamen.

Käfer rannte in Kreisen um die heimkehrenden Hunde und leckte sich dabei die Lefzen. Seine Wurfschwester Dorn kam dazu, sie trat zu den Vögeln und schnupperte misstrauisch daran.

»Was sind das für welche?« Mit einer Pfote tippte sie die Tiere vorsichtig an. »Ich habe noch nie so lange Hälse gesehen!«

Käfer riss staunend die Augen auf und hörte auf zu hüpfen. »Solche seltsame Beute kann nur Lucky fangen!«, bellte er ehrfurchtsvoll. »Die Geisterhunde sind mit dir!«

Lucky wusste auch nicht so genau, was für Vögel es waren, aber noch bevor er antworten konnte, trottete Mond zu ihren Welpen. »Das sind Gänse«, erklärte sie mit...

Kategorien

Service

Info/Kontakt