Management von Veränderungsprozessen

Management von Veränderungsprozessen

von: Ralf Stegmaier

Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, 2016

ISBN: 9783840926846

Sprache: Deutsch

152 Seiten, Download: 3593 KB

 
Format:  EPUB, PDF, auch als Online-Lesen

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Management von Veränderungsprozessen



|15|2 Modelle zum Management von Veränderungsprozessen


In diesem Kapitel werden Modelle, Konstrukte und empirische Befunde diskutiert, die Change-Verantwortlichen dabei helfen können, besser zu verstehen, wie und auf welche Faktoren Betroffene bei Veränderungen reagieren. Dies setzt zunächst voraus zu klären, was mit individuellen Reaktionen auf den Wandel eigentlich gemeint ist. Da es sich beim Management von Veränderungen um ein komplexes Geschehen handelt, ist es ferner notwendig, verschiedene theoretische Perspektiven einzunehmen, um relevante Handlungsfelder und Effekte aufdecken zu können. Entsprechend wird der Stand der Forschung unter vier Perspektiven aufgearbeitet: Stresstheorie, Gerechtigkeitstheorie, Führungstheorie sowie Identitätstheorie. Für jede theoretische Perspektive wird in einem Fazit aufgezeigt, welche Bedeutung die Erkenntnisse für das praktische Vorgehen beim Management von Veränderungen haben.

2.1 Individuelle Reaktionen auf organisationale Veränderungen


Wer Veränderungen erfolgreich managen möchte, sollte damit vertraut sein, wie Menschen auf Wandel und Neuerungen reagieren. Je besser es einem gelingt, das Erleben und Verhalten von Personen im Change-Kontext zu erfassen, desto gezielter kann man die Betroffenen bei der Bewältigung des Wandels unterstützen. Zunächst stellt sich daher die Frage, welche Reaktionen man hier genauer betrachten kann. So dürfte es interessant sein, wie die Betroffenen eine Veränderung bewerten (kognitive Perspektive), welche Emotionen sie angesichts des Wandels erleben (affektive Perspektive), inwieweit sie beabsichtigen, die Neuerungen aktiv zu unterstützen oder sich diesen zu widersetzen (Verhaltensabsicht), und wie die Betroffenen sich tatsächlich verhalten (Verhaltensperspektive). In der Forschung wurden verschiedene Reaktionsmaße entwickelt, die sich entweder auf einzelne der genannten Perspektiven konzentrieren oder diese miteinander kombinieren. Einige dieser Reaktionsmaße werden nachfolgend vorgestellt. Außerdem soll exemplarisch aufgezeigt werden, von welchen Faktoren die Reaktionsmaße abhängen (Determinanten der Reaktion) bzw. welche weiteren Konsequenzen mit den Reaktionen verbunden sind (Konsequenzen der Reaktion). So könnte es sein, dass jemand eine positive Einstellung (Reaktion) gegenüber einer Veränderung hat, weil die Person gut über deren Nutzen informiert wurde (Determinante), und in der Folge den Wandel engagierter unterstützt (Konsequenz).

|16|2.1.1 Commitment to Change

Herscovitch und Meyer (2002) gehen davon aus, dass Menschen nicht nur gegenüber einer Organisation oder einem Vorgesetzten eine Bindung oder Verpflichtung empfinden können, sondern auch im Hinblick auf ein Ereignis wie eine organisationale Veränderung. Sie sprechen in diesem Zusammenhang von einem Commitment to Change. In einer Reihe von Studien konnten die Autoren überzeugend demonstrieren, dass das Commitment to Change besser geeignet war als das allgemeine organisationale Commitment, um das Erleben und Verhalten im Kontext einer Veränderung zu erklären. Mit dem Fragebogen zum Commitment to Change kann dieses durch drei Dimensionen (affektiv, normativ, kalkulatorisch) erfasst werden (vgl. Kasten).

Commitment to Change (Herscovitch & Meyer, 2002)

Affektives Commitment to Change (affective)

Jemand mit hohem affektiven Commitment to Change hält eine Veränderung für notwendig und betrachtet diese auch als nützlich und sinnvoll.

Beispielitems:

Ich bin vom Nutzen der Veränderung überzeugt.

Diese Veränderungen dienen einem wichtigen Zweck.

Normatives Commitment to Change (normative)

Hat eine Person ein hohes normatives Commitment to Change, fühlt sie sich ihrer Organisation gegenüber verpflichtet, am Wandel mitzuwirken. Diese empfundene Verpflichtung kann darauf zurückgehen, dass die Organisation in der Vergangenheit auf die Bedürfnisse der Person eingegangen ist und diese unterstützend und wertschätzend behandelt hat.

Beispielitems:

Ich fühle mich verpflichtet, an der Veränderung mitzuwirken.

Ich würde mich schuldig fühlen, wenn ich mich der Veränderung widersetze.

Kalkulatorisches Commitment to Change (continuance)

Wenn eine Person ein hohes kalkulatorisches Commitment to Change hat, will sie vor allem vermeiden, dass die Organisation sie bestraft, weil sie sich nicht ausreichend für den Wandel engagiert. Man wird also gerade so viel tun, wie es notwendig ist, um in der Organisation nicht unangenehm aufzufallen.

Beispielitems:

Es wäre für mich zu riskant, etwas gegen die Veränderung zu sagen.

Ich fühle Druck, mich mit der Veränderung arrangieren zu müssen.

|17|Die Autoren wollten herausfinden, inwieweit die einzelnen Dimensionen des Commitment to Change erklären können, in welcher Weise jemand eine Veränderung unterstützt (vgl. Herscovitch & Meyer, 2002). Hierzu unterschieden sie drei verschiedene Formen der Unterstützung. Beim regelkonformen Verhalten (compliance) setzt sich jemand eher unfreiwillig und wenig engagiert für eine Veränderung ein. Um kooperatives Verhalten (cooperation) handelt es sich, wenn jemand mehr für den Wandel leistet als gefordert und sogar persönliche Nachteile in Kauf nimmt. Von außergewöhnlichem Einsatz (championing) sprechen die Autoren, wenn man auch die Unterstützung anderer Betroffener für die Veränderung gewinnt. Alle drei Dimensionen des Commitment to Change (affektiv, normativ, kalkulatorisch) standen in positiver Beziehung zu regelkonformem Verhalten. Verstärktes kooperatives Verhalten sowie großen außergewöhnlichen Einsatz zeigten jedoch lediglich Personen mit einem hohen affektiven oder normativen Commitment to Change. Die Autoren betrachteten außerdem auch Wechselwirkungen zwischen den drei Dimensionen des Commitment to Change und konnten feststellen, dass Personen eine Veränderung am wenigsten unterstützten, wenn sie ein hohes kalkulatorisches und niedriges normatives Commitment to Change hatten. Erste Studien in verschiedenen Kulturen, beispielsweise bei kanadischen und indischen Unternehmen, sprechen dafür, dass die Beziehungen zwischen den Dimensionen des Commitment to Change und den verschiedenen Formen der Unterstützung kulturübergreifend gelten (Meyer, Srinivas, Lal & Topolnytsky, 2007).

In einer weiteren Studie konnte Cunningham (2006) die Bedeutung des Commitment to Change für die Stressbewältigung bei Veränderungen demonstrieren. Hatte eine Person ein starkes affektives Commitment to Change, setzte sie eher problemfokussiertes Coping ein und dachte in der Folge weniger daran, die Organisation zu verlassen. Hingegen reduzierte das kalkulatorische Commitment to Change die problemfokussierte Stressbewältigung, was wiederum die Fluktuationsabsicht erhöhte. Für das normative Commitment to Change konnte keine über das Coping vermittelte Beziehung zur Fluktuationsabsicht nachgewiesen werden. Hier gab es lediglich einen direkten negativen Effekt. Je höher das normative Commitment to Change war, desto weniger dachte man über einen Stellenwechsel nach.

Shin, Taylor und Seo (2012) wollten herausfinden, ob organisationale Anreize das Commitment to Change beeinflussen können. Hatten Mitarbeiter den Eindruck, dass sie von der Organisation angemessene entwicklungsorientierte oder materielle Anreize erhielten, bewerteten sie den sozialen Austausch mit dem Unternehmen eher als zufriedenstellend und erlebten häufiger positive Emotionen. Dies wiederum trug dazu bei, dass die Personen leichter die nützlichen Seiten der Veränderung erkannten (affektives Commitment to Change) und sie sich außerdem durch Reziprozität verpflichtet fühlten, der Organisation bei der Veränderung zu helfen (normatives Commitment to Change). Schließlich zeigte sich, dass Personen mit einem hohen affektiven oder normativen Commitment to Change den Wandel auch tatsächlich stärker unterstützten.

|18|2.1.2 Offenheit für Veränderungen

Wanberg und Banas (2000) haben die Offenheit für Veränderungen durch zwei Dimensionen bestimmt. Erstens geht es darum, ob man den Wandel akzeptiert, und zweitens wird betrachtet, inwieweit man dessen Konsequenzen positiv sieht. Die Studie fand in einer Organisation des öffentlichen Wohnungsbaus statt, die Prozesse optimierte und ihre Struktur stärker dezentralisierte, um die Anforderungen neuer Gesetze zum öffentlichen Wohnungsbau zu erfüllen. Unter...

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