Case Management in der Entwicklung - Stand und Perspektiven in der Praxis

Case Management in der Entwicklung - Stand und Perspektiven in der Praxis

von: Wolf Rainer Wendt, Peter Löcherbach

medhochzwei Verlag, 2017

ISBN: 9783862163335

Sprache: Deutsch

290 Seiten, Download: 4021 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Case Management in der Entwicklung - Stand und Perspektiven in der Praxis



1 State of the Art: Das entwickelte Case Management


Wolf Rainer Wendt

1 Politik, Organisation, Methode

2 Strategie und Handwerk

2.1 Der Stand der Dinge und der Stand der Kunst

2.2 Steuerung der Versorgung

3 Kommunizieren, Beraten, Entscheiden

3.1 Counselling und Case Management

3.2 Bahnung von Entscheidungen und Teilen von Verantwortung

4 Was der Fall ist

4.1 Fallgruppenmanagement und Fallführung

5 Die konzeptionelle Einheit in der Vielfalt der Anwendungen

5.1 Die integrierende Funktion

6 Kompetenzen und Kapazitäten

6.1 Prozedurale Kompetenz

7 Die ökonomische Dimension des Verfahrens

Literatur

Abstract:

Entwicklungslinien im Verständnis und in der Anwendung von Case Management sind Gegenstand der Erörterung in diesem Beitrag. Der „Stand der Kunst“ hat seinen Kontext in sich wandelnden Aufgabenstellungen. Zu den methodischen Handlungsanweisungen ist die organisationsbezogene Steuerung getreten, beeinflusst von Erwartungen aus Politik und Gesellschaft an Versorgung in verschiedenen Bereichen des Sozial- und Gesundheitswesens. Das Case Management sucht Rat, schätzt ein, plant und koordiniert, was in komplexen Fällen nacheinander und nebeneinander zu tun ist. Darauf bezogen haben die Kommunikation und die Beratung im Verfahren einen besonderen Charakter. Die Arbeit am Fall bezieht die Person und beteiligte Stellen ein. Dazu ist prozedurale Kompetenz im Case Management gefordert.

In unserer Alltagssprache gebrauchen wir die Redewendung, „die Dinge in die Reihe“ bringen zu wollen. Es ist einfacher gesagt als getan, vielfältige Angelegenheiten, die uns beschweren, „auf die Reihe“ zu bringen. Gemeint sind der mentale und der praktische Versuch, in komplizierter Lage die Übersicht zu behalten, eine Ordnung zu erreichen, zu korrigieren, was fehl gelaufen ist, das Leben zu bewältigen und zielgerichtet voranzukommen. Soweit das eine Person alleine nicht erreicht, kann ein Case Management helfen. Und mit ihm hilft sich unter den Anforderungen einer komplexen Problematik auch ein dienstliches System, zielwirksam zu funktionieren.

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Das Verfahren nimmt generell die Aufgabe wahr, mit einzelnen Personen und für sie in prekärer Lage eine Versorgung und unterstützende Maßnahmen situations- und problembezogen „in die Reihe“ zu bringen. Es ordnet sie und führt sie zusammen. Auf der anderen Seite werden im institutionellen Rahmen fallweise Lebenssituationen, Verhalten und Verhältnisse von Menschen „auf die Reihe“ gebracht. Das heißt: ein Case Management bewältigt Komplexität, und es reguliert und arrangiert im Ablauf von Prozessen die für eine Problembewältigung nötigen Maßnahmen und Aktivitäten. So unspezifisch sei die Aufgabe und Funktion des Case Managements in den verschiedenen Gebieten seines Einsatzes zunächst formuliert, bevor wir betrachten, was es im Sozial- und Gesundheitswesen, in der Pflege, im Versicherungswesen und in der Beschäftigungsförderung beim „Stand der Kunst“ im besonderen leistet.

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Case Management ist vielfältig im Einsatz. Verschaffen wir uns einen Überblick über die Praxis, in der sich das Case Management entwickelt hat und für die es zu einer Praxeologie geworden ist (d. h. zu einem begrifflichen Rahmen für das in seinen Anwendungen zweckrationale Handeln), so gewinnen wir auch Einblick in den fachlichen Stand, der mit seinen Anwendungen erreicht ist, in die Schwierigkeiten, mit denen es bei seiner Implementation zu kämpfen hat, in das Qualitätsniveau, das es aufweist, und in die Perspektiven, die sich dem weiteren fachlichen Ausbau von Case Management bieten. Fachlich ist die dem Verfahren eigene Kunstfertigkeit nicht fest umrissen. Sein state of the art, der zu beobachten und der zu diskutieren ist, bleibt ein dynamischer. Er wird bei immer mehr differenzierter Anwendung in Bewegung gehalten. Wir beobachten diese Entwicklung und reflektieren sie als einen Transaktionsprozess zwischen theoretischer Aufarbeitung und praktischen Umsetzungen im Verfahren.

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Der tatsächliche Einsatz von Case Management, wie wir ihn punktuell in den kontingenten Zuständen der Praxis vorfinden, hinkt an vielen Stellen dem Stand der Kunst hinterher. Selbst wenn wir uns mit Beispielen von best practice befassen, lässt sich fragen, woran wir messen, dass diese Praxis mustergültig ist. Die Kunstfertigkeit im Case Management wird nicht durch die eine oder andere Anwendung des Verfahrens repräsentiert, sondern wird von der wissenschaftlichen Diskussion und Erarbeitung von Standards über einzelne Anwendungen hinweg transportiert. Das ist überall so, wo professionell lege artis gehandelt werden soll. Die Schwierigkeit, Qualität im Case Management zu ermessen, besteht darin, dass diese Qualität nicht einfach in der guten Arbeit von Case Managern aufzufinden ist, sondern an ausgedehnten mehrdimensional strukturierten Vorgängen hängt, an die unterschiedliche Kriterien der Beurteilung anzulegen sind. Und die Strukturen wie die Vorgänge in ihnen ändern sich. Das Fachgebiet Case Management befindet sich in einem Entwicklungsprozess, der uns stets aufs Neue nötigt, uns mit der Methode Case Management, mit der Politik seiner Implementierung und mit der Organisation zu befassen, in der ein Case Management stattfindet.

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1 Politik, Organisation, Methode


Wer sich mit dem Case Management befasst, lernt es auf mehreren Ebenen und aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Wir finden den Handlungsansatz

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politisch gefordert,

organisatorisch eingerichtet und

methodisch ausgeprägt.

Was seinen Ausgang von einer methodischen Anforderung in der Sozialen Arbeit nahm, ist im sozialpolitischen Modernisierungs- und Reformprozess handlungsstrategisch aufgegriffen und der organisierten Leistungserbringung ins Pflichtenheft geschrieben worden (s. Abb. 1).

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Abb. 1:

Realisierungsebenen von Case Management

Quelle: Eigene Darstellung.

Auf der politischen Ebene erscheint es in einem andauernden Prozess der Optimierung von sozialer Versorgung zweckmäßig, das Case Management für eine wirkungsorientierte Erbringung sozialrechtlich vorgesehener Leistungen heranzuziehen. Das Verfahren wird mit einem politischen Auftrag versehen.

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Es wird zum Beispiel gebraucht und eingesetzt für „moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ nach SGB III und für die „Grundsicherung für Arbeitsuchende“ nach SGB II, für eine integrierte medizinische Versorgung (§ 140 SGB V), für die Zusammenführung von Leistungen in der Rehabilitation nach SGB IX, für die Begleitung der Einführung des „Persönlichen Budgets“ – oder für die Integration von Migranten und Flüchtlingen.

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Auf der Ebene der Organisation und des Betriebs von Humandiensten sind die Strukturen und mögliche Umstrukturierungen zu betrachten, in denen ein Case Management zum Zuge kommt. Die mit ihm bezeichnete Systemaufgabe wird mit einer Organisationsentwicklung hin zu individuellerer Leistungserbringung wahrgenommen. Dabei lässt sich das Management der Versorgung (care management) operativ so zuschneiden, dass es in der fallweisen Abarbeitung des Versorgungsauftrags im Betrieb optimale Ergebnisse erreicht. Für diesen Zuschnitt gibt es Programme, die jeweils für eine Menge von Fällen (Fallgruppen) den Weg aufzeigen, der beschritten werden kann. Die Organisation qualifiziert sich in ihrer Zweckerfüllung dadurch, dass sie ihre Prozesse im Aufbau und in den Abläufen personen- und situationsbezogen gestaltet. Ohne konsistente Organisationsentwicklung, ein Personalentwicklungskonzept eingeschlossen, wird, wie sich empirisch zeigt (Kolbe/Reis 2005), ein effektiver Einsatz von Case Management nicht erreicht. Es impliziert auf der betrieblichen Ebene eine Systemsteuerung, die ihrerseits für eine vernünftige Führung der Fälle im einzelnen sorgt. Kurz gesagt: In der Organisation betrifft das...

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