Die Bushs - Weltmacht als Familienerbe

Die Bushs - Weltmacht als Familienerbe

von: Robert von Rimscha

Campus Verlag, 2004

ISBN: 9783593373096

Sprache: Deutsch

273 Seiten, Download: 1963 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Die Bushs - Weltmacht als Familienerbe



13. Feind Osama (S. 177-178)

Osama bin Laden war in Fachkreisen ein alter Bekannter, noch ehe die ganze Welt von ihm Notiz nehmen musste. Auch George W. Bush kannte längst seinen Namen – und den Schrecken, den er auslöste. Im Januar 2001, eine Woche vor seiner Vereidigung zum neuen Präsidenten der USA, saß Bush mit Cheney und Rice im offiziellen Gästehaus des Präsidenten, schräg gegenüber vom Weißen Haus. George Tenet, der CIAChef, legte der künftigen Führung des Landes dar, wie unsicher die Lage war. Drei Hauptgefahren bestünden für Amerika, erklärte er: Chinas Aufstieg mit all seinen strategischen Folgen, die Proliferation von Massenvernichtungswaffen und Osama bin Laden. Den Chef des Terrornetzwerks Al Qaida bewertete der CIA-Chef als »unmittelbare« und »gewaltige« Bedrohung.

Kein Wunder. Acht Jahre zuvor hatten Aktivisten bin Ladens versucht, mittels eines in der Tiefgarage explodierenden Lasters das World Trade Center zum Einsturz zu bringen. Fünf Tote und fast 1000 Verletzte blieben zurück. Bin Laden hatte Ausländerunterkünfte in Saudi-Arabien bombardiert, die US-Botschaften in Kenia und Tansania dem Erdboden gleichgemacht, das US-Kriegsschiff »USS Cole« im jemenitischen Hafen Aden angegriffen. Etliche Anschläge, darunter auf Flugzeuge über dem Pazifik, hatten die Sicherheitsbehörden vereitelt.

Usus ist, dass bei Angriffen die Länder vorab informiert werden, deren Luftraum benutzt wird, denen der Angriff aber nicht gilt. Dementsprechend hatte Bill Clinton damals bei der Cruise- Missile-Vergeltung auf Al-Qaida-Lager in Ostafghanistan die Regierung in Pakistan vorher wissen lassen, dass etwas geschehen würde. Doch die pakistanische Regierung war so sehr mit Taliban-Freunden durchsetzt, dass derlei Informationen regelmäßig an die Glaubensbrüder in Afghanistan weitergegeben wurden. Clintons Luftschläge trafen verlassene Ausbildungscamps. Am 13. September 2001, unmittelbar nach den Anschlägen von New York, sollte George W. Bush im Gespräch mit Hillary Clinton deutlich machen, wie sehr er die Strategien ihres Mannes ablehnte. »Ich werde keine Zweimillionenrakete auf ein Zehndollarzelt abfeuern, das leer ist, und stattdessen ein Kamel in den Hintern treffen«, beschied der Präsident der Ex-First-Lady.

Da war längst klar, dass er anders reagieren wollte, härter, entschiedener und effektiver – so, wie von Wolfowitz und seinen Kollegen immer gefordert. Zwei Tage vor dem Gespräch mit Hillary Clinton, am 11. September 2001 spät abends, diktierte Bush für sein Tagebuch den folgenden Satz: »Heute geschah das Pearl Harbor des 21. Jahrhunderts.« Die Nacht vom 11. auf den 12. September hätte er auf Anraten seines Sicherheitsstabes eigentlich im Bunker unter dem Weißen Haus verbringen sollen. Doch Bush bestand darauf, oben in der Residenz zu schlafen. Condoleezza Rice, die seinen Platz unten im Bunker einnehmen sollte, forderte er auf, es ihm nachzutun. Das Gästezimmer im Obergeschoss – das möge sie doch bitte nehmen.

Aus dem angeblichen Isolationisten war ein Mann geworden, der entschlossen war, zurückzuschlagen. Wie ein Blitz hatte jenes epochale Ereignis eingeschlagen, das Bushs zentrale Herausforderung werden sollte, die Sinngebung seiner Präsidentschaft, der Ansatzpunkt für seine künftige Außenpolitik – und eine völlige Revision all dessen, was er im Wahlkampf erklärt hatte. Richard Perle fasste diesen Wandel später zusammen: »Bush kam nicht als Ergebnis des Wälzens außenpolitischer Theorietraktate zu seinen Grundüberzeugungen, sondern im Reagieren auf die dramatischen politischen Notwendigkeiten nach dem 11. September.«

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