Das neue Faszien-Stretching - Die Moving-Stretch-Methode, um Verspannungen zu lösen, beweglich zu bleiben und die Körperhaltung zu verbessern

Das neue Faszien-Stretching - Die Moving-Stretch-Methode, um Verspannungen zu lösen, beweglich zu bleiben und die Körperhaltung zu verbessern

von: Suzanne Wylde

riva Verlag, 2019

ISBN: 9783745301199

Sprache: Deutsch

304 Seiten, Download: 64347 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Das neue Faszien-Stretching - Die Moving-Stretch-Methode, um Verspannungen zu lösen, beweglich zu bleiben und die Körperhaltung zu verbessern



Kapitel 1


Über Stretching


Es ist verwunderlich, dass etwas so Natürliches und Essenzielles wie Stretching oft immer noch falsch verstanden und die Wirksamkeit angezweifelt wird. Meist wird Stretching als eine Art Beilage zu anderen körperlichen Aktivitäten wie Tanzen, Kraftübungen oder Kampfsport und Therapien wie Krankengymnastik aufgefasst – nur selten ist es das Hauptgericht. Daher wissen viele einfach zu wenig über Stretching und darüber, wie man sich richtig dehnt. Je nach Spezialisierung kennen manche Menschen bestimmte Details, die sie für sich als wichtig erachten, doch kaum jemand hat einen Überblick.

Stretching gegen Widerstand ist nicht sehr verbreitet, aber es lässt sich leicht lernen und gut an die eigenen Voraussetzungen sowie an verschiedene Sport- und Bewegungsarten anpassen. Daher ist es die richtige Methode, um sich zu dehnen und etwas für den Körper zu tun. Bevor ich nun erkläre, was Stretching gegen Widerstand ist und wie es funktioniert, wollen wir einen Blick darauf werfen, wie alles begann.

Kleine Geschichte des Dehnens


Solange es Lebewesen mit Knochen und Muskeln (und Faszien) gibt, so lange existiert auch Stretching. Der Wunsch, sich zu dehnen, ist uns angeboren, wir machen es instinktiv. Dehnen ist so lebensnotwendig wie Atmen, Essen und Trinken. Auch Tiere dehnen sich – vor allem Katzen. Sie bleiben mühelos geschmeidig, und es vergeht kein Tag, an dem sie sich nicht mehrmals ganz flüssig von Kopf bis Fuß strecken und dabei herzhaft gähnen. Das ist bereits eine Form von Stretching gegen Widerstand.

Auch wir dehnen uns: Wenn wir morgens aufwachen, spannen wir alle Muskeln an und strecken und recken uns genüsslich in die Länge. Die Fähigkeit, geschmeidig zu bleiben und in der Lage zu sein, schnell und kraftvoll zu reagieren, hat uns überhaupt erst ermöglicht, Nahrung zu finden und Gefahren wie Raubtieren davonzulaufen. Sie hat unser Überleben gesichert. Heute überleben die meisten von uns weniger dank ihrer Muskelkraft, sondern indem sie ihren Kopf dazu benutzen, Aufgaben zu erledigen. Unsere Körperlichkeit ist seither eher zweitrangig. Hinzu kommt unsere statische und teils unnatürliche Haltung am Schreibtisch. All das hat dafür gesorgt, dass viele krumm und steif geworden sind, sich schlapp fühlen und schwächer sind, als sie sein könnten. Das gilt selbst für diejenigen, die für ihren Job den ganzen Tag auf den Beinen sind: Gedankenverloren beugen wir uns über Smartphone, Tablet oder Laptop und lümmeln auf dem Sofa herum. Doch all das geht auf Kosten der Haltung und Energie.

Schlechte Haltung

Schon vor der Erfindung von Handys und der überwiegend sitzenden Lebensweise war es gängige Praxis, sich zu dehnen. In den verschiedensten Epochen und in den unterschiedlichsten Kulturen waren Dehnübungen weit verbreitet. Bestimmte Bewegungen und Dehnübungen existierten in vielen alten Zivilisationen, etwa in Form von Yoga in Asien oder Körperübungen und Wettkämpfen im antiken Griechenland. Sich gezielt zu dehnen sollte die Gesundheit fördern, die Leistungsfähigkeit steigern, Schmerzen lindern und Verletzungen vorbeugen.

Yoga wird erstmals im 3000 Jahre alten Rigveda (»Heiliges Wissen«) erwähnt. Ursprünglich war Yoga eine rein spirituelle Praxis. Die körperlichen und geistigen Übungen arbeiten mit Körper, Geist und Seele und dienen der persönlichen Entwicklung. Das trifft vielleicht nicht immer auf die westliche Yogapraxis zu, teils, weil Yoga viel tiefer geht, als es manchen Menschen lieb ist, teils, weil nicht alle, die Yoga praktizieren, sich die eigentlich dafür notwendige Zeit nehmen. Aber auch im Westen gibt es viele hervorragend ausgebildete und erfahrene Lehrer, und diejenigen, die ich kenne, haben einen großartigen Körper (im Gleichgewicht und gut in Form). Sie sind mental ruhig und aufgeschlossen. Körper und Geist zu vereinen ist ein vorrangiges Ziel im Yoga. Sharon Gannon formuliert es mit den folgenden Worten:

»Du kannst Yoga nicht praktizieren. Yoga ist dein natürlicher Ƶustand. Du kannst Yogaübungen praktizieren. Sie zeigen dir die Widerstände gegen den natürlichen Ƶustand.«

Sharon Gannon

Dieser Spruch klingt schon ganz anders, als wenn die Sportlehrerin im Unterricht sagt, man solle sich vorbeugen und die Zehen berühren! In der westlichen Welt geht das Dehnen – ebenso wie die westliche Medizin – auf die Lebens- und Gesundheitsphilosophie des antiken Griechenlands zurück. Leichtathletik, Gymnastik, Ringkampf und Laufen waren gängige Disziplinen, und die Pioniere unter den Trainern waren keine Geringeren als Hippokrates, Aristoteles und Platon. Wichtig war ihnen vor allem die Einheit von Körper und Geist. Dabei ging es allerdings in erster Linie darum, mit körperlicher Gesundheit und Fitness die Basis für einen gesunden Geist zu schaffen. Sich mithilfe körperlicher Übungen spirituell weiterzuentwickeln war dagegen eher weniger das Ziel. Nach jedem Training erhielten die Athleten eine Massage und dehnten sich, um sich zu regenerieren.

Natürlich haben sich die Technik, die Gesellschaft und unser Alltag seit jenen Zeiten grundlegend verändert. Aber der menschliche Körper ist gleich geblieben, und deshalb benötigt er nach wie vor eine ganz ähnliche Fürsorge. Über die genauen Dehnübungen in der Antike ist wenig überliefert. Aber man weiß, dass sie bei militärischen Übungen ebenso eingesetzt wurden wie in der therapeutischen Arbeit oder um die Leistungsfähigkeit, den Tanz und allgemein die Gesundheit zu verbessern.1

Auch im antiken Ägypten vor über 4000 Jahren scheinen Dehnübungen eine wichtige Rolle beim Training gespielt zu haben. Warum aber haben sich die Übungen im Vergleich zu anderen Sportarten und Techniken so wenig weiterentwickelt, wenn die Geschichte des Dehnens doch so weit zurückreicht? Vermutlich weil viele glauben, dass das einfache und »übliche« (statische) Dehnen, das sie in der Schule gelernt haben, schon seinen Dienst tun wird. Andere neuere Techniken lernen meist nur Therapeuten und ihre Klienten kennen. Leider finden diese Neuerungen selten ihren Weg in die Öffentlichkeit, sodass nur wenige Menschen davon profitieren.

Kurzer Ausflug in die Theorie des Stretchings


Wissenschaftliche Untersuchungen über das Dehnen beschäftigen sich meist mit der Physiologie des Muskels. Da Stretching gegen Widerstand aber vor allem mit den Faszien arbeitet, schauen wir uns beides kurz an.

Die Physiologie des Körpers während des Dehnens ist gut untersucht. Das gilt insbesondere für die Muskeln, leider aber nicht für die Faszien. Von Interesse sind vor allem die Skelettmuskeln, denn die wollen wir dehnen. Diese Muskeln sind über Bänder und Sehnen mit den Knochen verbunden und arbeiten, wenn wir uns bewegen. Sie bestehen aus Bündeln von Muskelfasern, die sich zusammenziehen (kontrahieren) und entspannen können. Jeder Muskel und sogar jede Muskelfaser ist von einer Faszie umgeben.

Die Brücke ist auch heute noch eine viel praktizierte Dehnübung – hier eine Tänzerin aus dem antiken Ägypten.

Es gibt drei Arten von Muskelkontraktionen:

  • Isometrisch: Die Muskeln werden angespannt, ohne dass eine Bewegung stattfindet (zum Beispiel wenn Sie sich gegen eine Wand drücken).
  • Konzentrisch: Die Muskeln werden bei Bewegung angespannt und verkürzen sich dabei (zum Beispiel wenn Sie ein Gewicht anheben).
  • Exzentrisch: Der Muskel wird während der Anspannung länger, und es wird gleichzeitig die Bewegung abgebremst (zum Beispiel beim langsamen Absenken eines Gewichts oder beim Stretching gegen Widerstand).

Wenn ein Muskel sich verlängert, sagt ihm ein kleiner eingebauter Sensor, die sogenannte Muskelspindel, wie weit er schon gedehnt ist. Muskelspindeln befinden sich tief im Innern des Muskels und können den Dehnungsreflex auslösen. Das ist eine willkürliche Kontraktion des Muskels während der Dehnung: Je länger der Muskel gedehnt wird, desto mehr spannt er sich an. So versucht er, sich vor Überdehnung zu schützen. Das ist ein bisschen so, als würde man jemandem auf Shopping-Tour einen Buchhalter hinterherschicken, nur um sicherzugehen, dass die Rechnung nicht zu hoch wird.

In der Theorie bedeutet das: Sie müssen Ihre Muskelspindeln daran gewöhnen, dass sich die Muskeln dehnen, damit sie nicht ständig Ihre Dehnübungen torpedieren. Das ist allerdings nur einer von den äußerst vielfältigen neurologischen Aspekten des Stretchings – es geht schließlich nicht nur um Muskeln und Faszien, das Nervensystem ist auch beteiligt.

Der Gegenspieler der Muskelspindel ist das Golgi-Sehnenorgan. Es sitzt am Übergang vom Muskel zur Sehne und hat die Aufgabe, die Muskelspannung zu regulieren. Zum Beispiel kann es den Muskel dazu bringen, die Kontraktion...

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