Was hat das Universum mit mir zu tun? - Nachrichten vom Rande der erkennbaren Welt

Was hat das Universum mit mir zu tun? - Nachrichten vom Rande der erkennbaren Welt

von: Harald Lesch

C. Bertelsmann, 2019

ISBN: 9783641220174

Sprache: Deutsch

208 Seiten, Download: 1386 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Was hat das Universum mit mir zu tun? - Nachrichten vom Rande der erkennbaren Welt



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STABILITÄT IM KOSMOS


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In Zeiten, in denen die ganze Welt per Internet und Smartphone so nah an uns herankommt und so viel von uns fordert, kann es doch mal ganz schön sein, innezuhalten und einen Blick ins Weltall zu werfen. Sich wirklich einmal zurückzuziehen und in den Himmel über uns zu schauen und zu überlegen: Was hat das Ganze da oben eigentlich mit uns hier unten auf dem Planeten Erde zu tun? Sich einmal wirklich darauf einzulassen, wie wir mit der ganzen Natur, auch und vor allem der kosmischen Natur, zusammenhängen. Wir sind ja ansonsten eher mit uns selbst beschäftigt: me, myself and I. Der Individualismus, die Selbstverwirklichung und die Konzentration auf die eigenen Ziele – das ist die Maxime unserer Zeit. Und wir vergessen dabei, dass es uns ohne den Kosmos gar nicht geben würde.

Beginnen wir mit einer ganz einfachen Situation: Ich stehe auf der Erde, ich atme, ich trinke Tee und mache mir keine Gedanken darüber, woher das alles kommt. Ich genieße die Natur, ihre Erscheinungsformen und ihre Vielfalt (so sie denn noch vorhanden ist), und nur ganz selten lasse ich das Gefühl an mich heran, dass ich ein Teil eines viel größeren Ganzen bin, das eine Milliarden Jahre alte Geschichte hat. Jeder von uns ist ein Teil des Teils, der anfangs alles war. Und davon wird die Rede sein. Denn der Boden unter meinen Füßen genauso wie die Luft, die ich atme, sowie die Flüssigkeit, die ich zu mir nehme, all das ist ja schon ein Ausdruck dafür, dass ich mit der Welt verbunden bin. Denn ich kann offenbar Stoffe in mich aufnehmen, die mich nicht töten, sondern die im Gegenteil mein Leben sogar fördern, die es überhaupt erst möglich machen. Das heißt: Mein Körper verbindet sich mit diesen Stoffen und holt auf eine für den Laien rätselhafte Art und Weise, die Ärzten natürlich längst bekannt ist, die Energie aus den Molekülen, die ich brauche, um zu leben. Das beginnt bei der Atmung, der Aufnahme von Sauerstoff, den ich als Energiequelle benötige, gilt aber natürlich auch für Wasser und die Stoffe in meiner Nahrung. In allen Molekülen steckt nämlich Bindungsenergie, die frei wird und genutzt wird in den neuen Verbindungen, die meine Körperzellen mit diesen Elementen eingehen. Und nur der ständigen Zufuhr an dieser sogenannten chemischen Energie verdanke ich mein Leben. Sie ist der Grund dafür, dass ich für die Zeit meines Lebens meinen Körper mit allen seinen Funktionen aufrechterhalten kann.

Das ist insofern bemerkenswert, als eines der Grundgesetze der Physik, der zweite Hauptsatz der Thermodynamik, die grundsätzliche Entwicklung erklärt, wonach in der Natur alle Prozesse so ablaufen, dass sich die Entropie vergrößert, sich also alles immer mehr zum Gleichgewicht entwickelt, denn dort ist die Entropie am größten. Lebewesen sind jedoch gar nicht im Gleichgewicht mit ihrer Umgebung, sondern im Nichtgleichgewicht und erhalten auf diese Weise ihren körperlichen Aufbau und alle Funktionen aufrecht. Ohne einen entsprechenden Nachschub an Energiefluss kann der Mensch nicht leben. Allen Lebewesen geht es so: Sie nehmen niederentropische Nahrung auf und geben hochentropische Abfälle ab. Aus diesem Entropiefluss ernährt sich das Leben.

Bereits die einfache Frage, wo die Materie eigentlich herkommt, die ich esse und trinke, zeigt uns: Jede Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme ist bereits ein existenzieller Akt, der kosmische Kreisläufe und Gesetzmäßigkeiten ausnutzt und benutzt. Wie hängt das alles zusammen? Nun, ein erster Blick ins All sagt uns schon, worum es hier eigentlich geht. Apropos gehen, um das folgende Argument zu verstehen: Ich erinnere mich noch daran, als ich zum ersten Mal in Aspen (Colorado) war. Ich komme im Hotel an, schönes Wetter, tolle Gegend, ich denke, jetzt machst du einen kleinen Lauf. Sportklamotten und Schuhe an, aus dem Hotel raus – und loslaufen. Nach kurzer Zeit schon habe ich das Gefühl, ich kippe um. Ich habe keine Luft mehr bekommen, obwohl ich gut trainiert war. Ich hatte überhaupt nicht daran gedacht, dass Aspen mehr als zwei Kilometer über dem Meeresspiegel liegt. Tja, je weiter wir uns vom Meeresspiegel entfernen, umso dünner wird die Atmosphäre. Was trennt uns von der kosmischen Leere? Das Luftmeer, die Atmosphäre, auf deren Boden wir leben. Sie ist der Strand des Ozeans des Universums. Wer schon einmal auf 5000 oder 6000 Meter Meereshöhe oder höher gewesen ist, weiß, wovon ich rede. Die Lufthülle wird mit zunehmender Höhe immer dünner und dünner und dünner, und irgendwann ist sie quasi fast ganz weg. Und das sieht man ja auch. Wenn man nämlich tagsüber in den Himmel schaut, und zwar in den klaren, nicht bewölkten, dann sieht man dort einen Stern, der so hell ist, dass er alle anderen Sterne überstrahlt. Und wer dies nachts tut, erblickt am Himmel zahlreiche Lichter, die nichts anderes sind als Planeten und Sterne (zumindest wenn man sich abseits von Städten und menschengemachten Lichtquellen wie blinkenden Flugzeugen etc. befindet). Und das heißt: Zwischen unseren Augen und diesen Objekten ist offenbar fast nichts, was das Licht verschluckt hätte. Denn wenn das Licht verschluckt worden wäre, dann würden wir die Lichtquellen da oben am Himmel nicht sehen.

Nun: Die Planeten sind eigentlich keine eigenen Lichtquellen, sie sind Reflektoren für das Licht unserer Sonne. Doch die Sterne, das sind eigene Lichtquellen. Und das wiederum bedeutet: Das Universum muss ziemlich leer sein. Wenn wir den Astronomen einmal glauben wollen, dann sind viele dieser Objekte dort oben Lichtjahre von uns entfernt, viele Hundert, manche Tausende von Lichtjahren. Und ein Lichtjahr ist eine ziemlich lange Strecke. Man muss sich nur einmal vergegenwärtigen, dass bereits der Mond in etwa 400 000 Kilometern Entfernung für uns ein momentan unerreichbarer Himmelskörper ist. Vor einigen Jahrzehnten konnten wir da noch hin, heute (vorläufig) nicht mehr. 400 000 Kilometer, das ist nur etwas mehr als eine Lichtsekunde. Das Licht der Sonne braucht acht Lichtminuten bis zu unseren Augen, das heißt, sie ist 150 Millionen Kilometer weit weg. Und wir können froh sein, dass sie so weit weg ist. Es zeigt sich nämlich eine große Abhängigkeit der Planetentemperatur von der Entfernung des Sternes, den der Planet umkreist. Wäre die Sonne nur um ein Weniges näher, wäre es bei uns so heiß, dass es kein Leben gäbe. Planeten mit Lebewesen müssen weit genug weg sein vom strahlenden Zentralgestirn, doch auch nicht zu weit, sonst ist es zu kalt. Aber davon später mehr.

Die Sterne am Himmel sind nicht Lichtminuten oder Lichtstunden von uns entfernt, sondern wie gesagt Lichtjahre. Ein Lichtjahr ist die Strecke, die elektromagnetische Wellen mit Lichtgeschwindigkeit in einem Jahr zurücklegen, also 365 Tage mal 86 400 Sekunden mal 300 000 Kilometer, das sind knapp 9,5 Billionen Kilometer. Das ist das Maß der Entfernungen, mit denen wir in der Astronomie arbeiten müssen, weil die Sterne so unglaublich weit voneinander entfernt sind. 9,5 Billionen Kilometer, das ist unvorstellbar groß. Wir haben zwar Zahlen für solche Strecken, aber keine Vorstellung dafür. Uns fehlt einfach jede Art von Vergleich für die ungeheuren Räume da draußen. Wir schauen in eine abartige, völlig unmenschliche Leere. Da ist wirklich fast nichts, der Kosmos ist leer, bis auf wenige, zumeist hell strahlende Inseln, die Sterne. Und diese Leere ist die Bedingung für die Möglichkeit, überhaupt in diesem Universum als Lebewesen existieren zu können. In einem Universum, das nicht so leer wäre, gäbe es uns gar nicht. Davon später mehr.

Zurück zu uns, zurück zu der ganz einfachen Feststellung: Wir sind hier, wir essen und trinken, wir leben. Wir sind also aufnahmefähig für Stoffe aus der Außenwelt, wir sind verbunden mit dem, was um uns herum materiell existiert. Sowohl die Atemluft als auch Flüssigkeiten und Nahrungsmittel, all das kann sich mit uns verbinden, weil wir Menschen tatsächlich aus dem gleichen Material bestehen, aus dem die Welt um uns herum besteht. Die Forschungen der letzten Jahrzehnte haben ergeben, dass wir Menschen ganz eng mit allem verbunden sind, was auf diesem Planeten an Leben existiert. Und zwar nicht nur mit Affen, von denen es immer noch heißt, wir würden von ihnen abstammen, was ja nie so gesagt wurde. Wir haben nur gemeinsame Vorfahren, Ahnen. Sie sind uns sehr nahe, ihr Erbgut ähnelt dem unseren bis auf wenige Prozent.

Unsere Verbindung mit dem Leben auf der Erde reicht jedoch viel tiefer, wir sind mit allen lebenden Kreaturen verwandt, wir haben gemeinsames Erbgut mit allem, was auf dieser Erde lebt, mit allem. Woher man das weiß? Aus der Analyse von Molekülen, die eine bestimmte Struktur haben. Das heißt: Wir Menschen sind tatsächlich das Produkt einer ziemlich langen Evolution. Man kann mithilfe sogenannter molekularer Uhren zum Beispiel genau den Zeitpunkt in der Evolution bestimmen, an dem sich die biologische Linie, aus der die Pflanzen entstanden, und die Linie, aus der die Menschen hervorgingen, getrennt haben. Das ist ungefähr eine Milliarde Jahre her. Ja, tatsächlich. Man hat auch herausgefunden, wann sich die beiden Linien getrennt haben, aus denen einerseits Ratten und andererseits Menschen wurden. Man kann also in der Geschichte der Natur zurückgehen und findet auf der molekularen Ebene eine Verwandtschaft von allem, was lebt. Von allem. Bis hin zu dem bis heute noch nicht entdeckten gemeinsamen Vorfahren allen Lebens auf dem Planeten Erde, dem Last Universal Common Ancestor – LUCA.

Das heißt: Alles Leben auf der Welt ist irdisch. Es ist nicht eingesetzt von oben, nicht wie ein Hubschrauber irgendwo gelandet und musste sich dann mit dem irgendwie...

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