Lesereise Kroatien - Krawatten, Schlösser, Weinberghäuser

Lesereise Kroatien - Krawatten, Schlösser, Weinberghäuser

von: Tomo Mirko Pavlovic

Picus, 2011

ISBN: 9783711750570

Sprache: Deutsch

132 Seiten, Download: 301 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Lesereise Kroatien - Krawatten, Schlösser, Weinberghäuser



Vom besseren Leben in den Reben (S. 82-83)

Mein Auto, mein Haus, mein Weinberg: Im Zagorje trinkt man am liebsten sein eigenes Tröpfchen und teilt ungern


Der kroatische Staatspräsident ist bekannt, bisweilen berüchtigt für seinen Humor. Meist sind seine Witze prägnant und für jedermann verständlich. Mal zeugen sie von einer gewissen slawischen Lässigkeit, die seit jeher auch in den höchsten Politikerkasten zu finden ist, dann wieder sind sie eine clevere Alternative einer luziden Annäherung an die Stammtische und ihre stänkernden Volksseelen. Manchmal geht ein Witz aber auch tüchtig daneben und Stipe Mesic muss siebzigtausend Kuna wegen Beleidigung bezahlen, wie kürzlich, als das Lästermaul einen angesehenen Anwalt nach Vrapce bestellt hat, in den Stadtteil Zagrebs also, wo sich die bekannteste Nervenheilanstalt der Region befindet.

Die meisten Kroaten schätzen ihn trotz oder gerade wegen dieser rhetorischen Spitzfindigkeiten. Und die Journalisten sind dankbar, sie veröffentlichen mittlerweile sogar Ranglisten der besten Kalauer. Unter den beliebtesten ist auch jener, in dem Mesic die Trinkgewohnheiten der Bewohner Istriens und Zagorjes – der Zagorci – miteinander vergleicht. »Wenn ein Zagorec sich betrinkt, gilt er als Alkoholiker. Tut dasselbe einer aus Istrien, nennt man ihn gleich Sommelier.«

In diesem hochprozentigen Vergleich steckt ein Schlückchen Wahrheit, weshalb bis jetzt auch niemand gegen die provozierende Äußerung geklagt hat. Das Zagorje und der Wein, das ist schon eine merkwürdige, weil besitzergreifende Liebe. Das verblüffende Ergebnis dabei ist, dass im nordwestlichen Hinterland Zagrebs, in den Ausläufern der Medvednica-Anhöhen, überall die Weinstöcke in den Himmel ragen, um jedes Haus herum, auf jedem Hügelchen, wild verteilt auf jeder Anhöhe wie kleine bacchantische Spielplätze. Ein Augenschmaus. Doch will man etwas von der gekelterten Ernte verkosten, wird man in den meisten Supermärkten der allmächtigen »Konzum«-Kette nichts finden.

Die Flaschenetiketten stammen aus den großen Weinanbaugebieten Slawoniens, aus Istrien und Dalmatien – oder gleich aus Chile. Von den Winzern der Region keine Spur. Manchmal hilft es, wenn man sich mit Fragezeichen in den Augen vertraulich an die Kassiererin wendet, die bestimmt jemanden kennt, der jemanden kennt, der einen Weinberg besitzt.

Die Dame wird einem den Weg weisen. Bestimmt. Man kann auch Klinken putzen. Einige leere Flaschen im Kofferraum, auch ein ausgespülter Kanister können bei einer Ausfahrt ins Zagorje nie schaden. Bei der Gelegenheit ist es ratsam, sich auch gleich nach frisch geschlachteten Ferkeln, Puten oder nach Eiern frei laufender Glückshennen zu erkundigen.

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