So stärken Sie Ihr Selbstwertgefühl - Damit das Leben einfach wird

So stärken Sie Ihr Selbstwertgefühl - Damit das Leben einfach wird

von: Stefanie Stahl

Kailash, 2020

ISBN: 9783641261160

Sprache: Deutsch

304 Seiten, Download: 2030 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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So stärken Sie Ihr Selbstwertgefühl - Damit das Leben einfach wird



Warum bin ich nur so unsicher?

Ursachen für ein geringes Selbstwertgefühl

Ein geringes Selbstwertgefühl kann man im Großen und Ganzen auf zwei Ursachen zurückführen: 1. eine genetische Veranlagung und 2. prägende Erfahrungen in der Kindheit. Natürlich haben auch Erfahrungen, die wir im Erwachsenenalter machen, einen Einfluss auf unser Selbstbewusstsein, aber der Grundstein wird durch die elterliche Erziehung und durch die Gene gelegt. In unseren Erbanlagen sind gewisse Charakterzüge festgelegt, die sich direkt auf den Selbstwert auswirken. So kommen Kinder beispielsweise mit einer unterschiedlich hohen Angstbereitschaft auf die Welt. Auch Schüchternheit als Persönlichkeitsmerkmal ist zu einem hohen Anteil genetisch festgelegt. Es gibt beispielsweise Kinder, die eine sehr wohlwollende und unterstützende Erziehung erfahren und trotzdem in sozialen Kontakten, zumindest bei fremden Personen, sehr schüchtern sind. Umgekehrt gibt es Kinder, deren Eltern wenig förderliche Erziehungsmethoden anwenden und die trotzdem ein gutes Selbstbewusstsein entwickeln. Der Zusammenhang zwischen elterlicher Erziehung und dem Selbstwertgefühl funktioniert nicht eins zu eins. Zu viele Entwicklungseinflüsse spielen eine Rolle.

Die Persönlichkeitsmerkmale Intro- und Extraversion weisen beispielsweise ebenfalls einen Zusammenhang zum Selbstwertgefühl auf – und diese Eigenschaften einer Person sind größtenteils angeboren. Typisch extravertierte Eigenschaften sind: gesellig, redselig, energisch, risikofreudig und abenteuerlustig. Introvertierte Eigenschaften sind hingegen: still, nachdenklich, reflektierend und sorgfältig. In ihrer Grundstimmung sind Extravertierte fröhlicher und optimistischer als Introvertierte. Dies führt dazu, dass sie sich mehr soziale Unterstützung bei Problemen suchen, während Introvertierte geneigt sind, Probleme mit sich selbst auszumachen. Hier liegt der Zusammenhang zum Selbstwertgefühl: Die bessere Problembewältigungsstrategie von extravertierten Menschen, über ihre Probleme zu reden und sich aktiv Hilfe zu suchen, wirkt sich günstig auf das Selbstwertgefühl aus.

Extravertierte erfahren häufig mehr positive Rückmeldungen von ihren Mitmenschen, weil sie offen auf sie zugehen. Da diese Veranlagung zu 90 Prozent genetisch festgelegt ist, macht sie sich schon im Kindesalter bemerkbar: Das extravertierte Kind geht auf andere Kinder und Erwachsene zu und plappert gern, deswegen ist es leicht, mit ihm in Kontakt zu kommen, und es gewinnt schnell Sympathien und Freunde. Das introvertierte Kind ist hingegen etwas schüchtern und verschlossen im Umgang mit fremden Menschen, weswegen ihm die Herzen nicht so schnell zufliegen wie einem extravertierten Kind. Auch die fröhlichere Grundstimmung von Extravertierten kann einen positiven Einfluss auf das Selbstwertgefühl haben. Allerdings haben Introvertierte nicht zwangsläufig ein geringes Selbstbewusstsein. Die Introversion macht sie lediglich etwas empfindlicher für Selbstwertprobleme als Extravertierte.

Egal ob Sie intro- oder extravertiert sind: Wichtig ist, dass Sie sich so annehmen, wie Sie sind. Sowohl Intro- als auch Extraversion haben als Persönlichkeitseigenschaften ihre Vor- und Nachteile. Keine Ausprägung ist letztlich besser oder schlechter als die andere. Auch wenn es auf den ersten Blick so erscheint, als hätten Extravertierte die besseren Karten. Aber zu den Vorteilen der Introvertierten zählen zahlreiche Fähigkeiten: gut allein sein zu können; ihre größere Unabhängigkeit von äußerer Anerkennung; ihr gutes Durchhaltevermögen bei schwierigen Aufgaben; ihr tiefgründiges Innenleben. Zudem heißt »genetisch bedingt« nicht, dass es keine Veränderungsmöglichkeiten gäbe.

Auf die prägenden Kindheitserfahrungen, die zu einem geringen Selbstwertgefühl führen können, werde ich in den folgenden Abschnitten ausführlich eingehen. Wenn Sie unter einem geringen Selbstwertgefühl leiden, ist es für Sie hilfreich, Ihre Kindheit einer näheren Betrachtung zu unterziehen. Hierdurch können Sie ein besseres Verständnis für sich selbst gewinnen – vor allem für jene inneren Überzeugungen, die von außen, also durch Ihre Eltern, in Sie hineingetragen wurden.

Ich werde auf einige Erziehungsstile eingehen, die zu einem geringen Selbstwertgefühl führen können. Die Aufzählung ist nicht vollständig, sodass sich sicherlich nicht jeder Leser und nicht jede Leserin in ihr wiederfinden wird. Eine eingehende Betrachtung der Ursachen würde jedoch zu viel Raum einnehmen, sodass ich mich etwas begrenzen muss. Die folgenden Ausführungen können Ihnen Anregung und Anstöße geben, um die Zusammenhänge zwischen Ihren frühen Prägungen und Ihrem Selbstwert zu verstehen.

Mama ist lieb! Wie Urvertrauen und Bindung entstehen

Die frühe Kindheit ist die Zeit, in der sich unsere Gehirnstrukturen differenziert ausbilden. Deswegen wird hier normalerweise der Grundstein für unser Lebensgefühl und unseren Selbstwert gelegt. In neurologischen Studien hat man beispielsweise nachgewiesen, dass unser Gehirn über ein Belohnungs- und über ein Bestrafungssystem verfügt, die jeweils durch verschiedene neuronale Botenstoffe aktiviert werden. Im Gehirn von Kindern, deren Eltern mit viel Druck und Bestrafung erziehen, spurt sich das Bestrafungssystem tiefer in die Gehirnstrukturen ein als das Belohnungssystem. Dies hat zur Folge, dass diese Menschen, auch als Erwachsene, sehr sensibel auf Reize reagieren, die in Richtung Ablehnung oder Bestrafung ihrer Person gedeutet werden können. Schon eine kleine Geste ihres Gegenübers kann genügen, um ihr Bestrafungssystem zu aktivieren: Sie interpretieren die Geste dann als gegen sich gerichtet. Menschen, deren Bestrafungssystem stark ausgeprägt ist, bleiben auch bei einem Misserfolg länger in dem Gefühl der Frustration stecken und erholen sich schlechter davon als Menschen mit einem ausgeprägten Belohnungssystem. Allerdings muss man diese neurologischen Prägungen nicht als unabwendbares Schicksal hinnehmen. Man kann zum Beispiel auch durch Entschlusskraft und Willen aktiv von seinem Belohnungs- in sein Bestrafungssystem wechseln. Wie das geht, darauf gehe ich noch im Kapitel »Ich will da raus!« unter der Überschrift »Ich bin gut!« näher ein.

Auch das sogenannte Urvertrauen verankert sich früh in unserem Gehirn. Das Urvertrauen bestimmt auf einer ganz tiefen Ebene unser Lebensgefühl. Wenn ein Mensch ein Urvertrauen entwickelt hat, bedeutet dies, dass er sich grundsätzlich in dieser Welt willkommen und angenommen fühlt. Das Urvertrauen wird geprägt durch die Erfahrungen, die ein Kind in seinem ersten Lebensjahr macht. Es entsteht also in der Beziehung des Kindes zu seiner Hauptbezugsperson – sei es die Mutter, der Vater, die Oma oder wer auch immer. Bei vielen Kindern wird das Urvertrauen auch durch mehrere Familienmitglieder geprägt, wie zum Beispiel Mutter und Vater. Wichtig ist, dass zumindest eine Bezugsperson vorhanden ist, die sich liebevoll und feinfühlig um das Baby kümmert. Da dies häufig die Mutter ist und mir es sprachlich zu umständlich ist, um der Gleichberechtigung willen immer auch den Vater oder eine andere Bezugsperson mit zu erwähnen, beziehe ich mich in meinen folgenden Ausführungen auf die Mutter und setze es als selbstverständlich voraus, dass diese Rolle auch ein anderer Mensch als die Mutter übernehmen kann.

Wenn ein Säugling auf die Welt kommt, ist er vollkommen abhängig von seiner Mutter und weiß in den ersten Lebensmonaten noch nicht einmal, dass seine Mutter und er getrennte Wesen sind. Der Säugling ist ihr mit seinen Bedürfnissen und Gefühlen vollkommen ausgeliefert. Sein Gefühlsleben unterteilt sich in Lust- und Unlustgefühle. Die Aufgabe der Mutter ist es, ihm Unlustgefühle wie Hunger, Durst, Kälte, Wärme oder körperliche Beschwerden abzunehmen und seinen Stress hierdurch zu reduzieren. Wenn der Säugling seinen Stress durch Schreien ausdrückt, ist es die Aufgabe der Mutter, ihn zu trösten, zu füttern, zu wärmen, kurzum: für ihn zu sorgen. Das Kind hat aber nicht nur Wünsche nach körperlicher Versorgung, sondern auch ein angeborenes Bedürfnis nach sozialem Kontakt und menschlicher Zuwendung. Die Mutter hat also auch die Aufgabe, dem Säugling das Wohlbefinden menschlicher Anteilnahme und Zuwendung zukommen zu lassen.

Mit den weiteren Lebensmonaten lernt das Kind zunehmend, seine Bewegungen zu steuern: Es greift, krabbelt, und gegen Ende des ersten Lebensjahres fängt es allmählich an zu laufen. Mit verbesserter Motorik entwickelt das Kind ein wachsendes Interesse an seiner Umgebung, die es erkunden will. Die Mutter hat deshalb nicht nur die Aufgabe, die Wünsche ihres Kindes nach körperlicher Versorgung, Kuscheln und sprachlicher Anteilnahme zu erfüllen, sondern es auch loszulassen, wenn das Kind sich auf seine Entdeckungsreisen begibt. Das Kind möchte schließlich nicht nur versorgt und beschmust werden, sondern es hat auch Bedürfnisse nach Eigenständigkeit und Autonomie. Eine feinfühlige Mutter erkennt im Großen und Ganzen, wann sie das Kind loslassen muss und wann es ihre Zuwendung benötigt. Wenn das Kind also die Erfahrung macht, dass seine Mutter sich um es kümmert, wenn es sie braucht, aber es auch mal in Ruhe lässt, wenn es für sich sein will, dann lernt das Kind zum einen, dass es sich auf seine Mutter verlassen kann, und zum anderen, dass es auf zwischenmenschliche Beziehungen Einfluss nehmen kann und ihnen nicht ausgeliefert ist. Das Kind erfährt, dass es seiner Mutter vertrauen kann. Es erwirbt Urvertrauen. Dieses Urvertrauen kann man sich als eine ganzkörperliche Empfindung vorstellen: Das Kind speichert...

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