ANTISEMITISMUS HEUTE - Michael Wolffsohn im Gespräch

ANTISEMITISMUS HEUTE - Michael Wolffsohn im Gespräch

von: kurz & bündig verlag

kurz & bündig Verlag, 2020

ISBN: 9783907126363

Sprache: Deutsch

192 Seiten, Download: 2070 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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ANTISEMITISMUS HEUTE - Michael Wolffsohn im Gespräch



Gotthold Ephraim Lessing

Nathan der Weise

Ein Ideendrama in fünf Aufzügen.

1779 erstmals veröffentlicht, 1783 in Berlin uraufgeführt.

Introite, nam et heic Dii sunt – APVD GELLIVM

Tretet ein, denn auch hier sind die Götter. Zitat nach Gellius.




Personen:

Nathan, ein reicher Jude in Jerusalem

Recha, dessen angenommene Tochter

Sultan Saladin

Sittah, dessen Schwester

Daja, eine Christin, aber in dem Hause des Juden,
als Gesellschafterin der Recha

Ein junger Tempelherr

Al-Hafi ein Bettelmönch (Derwisch)

Der Patriarch von Jerusalem

Ein Klosterbruder

Ein Emir

Mamelucken des Saladin

Die Scene ist in Jerusalem.

Erster Aufzug

Erster Auftritt

Scene: Flur in Nathans Hause.

Nathan von der Reise kommend. Daja ihm entgegen.

Daja.
Er ist es! Nathan! – Gott sei ewig Dank,
Daß Ihr doch endlich einmal wiederkommt.

Nathan.
Ja, Daja, Gott sei Dank! Doch warum endlich?
Hab’ ich denn eher wiederkommen wollen?
Und wiederkommen können? Babylon
Ist von Jerusalem, wie ich den Weg,
Seitab bald rechts, bald links, zu nehmen bin
Genötigt worden, gut zweihundert Meilen;
Und Schulden einkassieren, ist gewiß
Auch kein Geschäft, das merklich födert, das
So von der Hand sich schlagen läßt.

Daja. O Nathan,
Wie elend, elend hättet Ihr indes
Hier werden können! Euer Haus …

Nathan. Das brannte.
So hab’ ich schon vernommen. – Gebe Gott,
Daß ich nur alles schon vernommen habe!

Daja.
Und wäre leicht von Grund aus abgebrannt.

Nathan.
Dann, Daja, hätten wir ein neues uns
Gebaut und ein bequemeres.

Daja. Schon wahr! –
Doch Recha wär’ bei einem Haare mit
Verbrannt.

Nathan. Verbrannt? Wer? meine Recha? sie? –
Das hab’ ich nicht gehört. – Nun dann! So hätte
Ich keines Hauses mehr bedurft. – Verbrannt
Bei einem Haare! – Ha! sie ist es wohl!
Ist wirklich wohl verbrannt! – Sag nur heraus!
Heraus nur! – Töte mich: und martre mich
Nicht länger. – ja, sie ist verbrannt.

Daja. Wenn sie
Es wäre, würdet Ihr von mir es hören?

Nathan.
Warum erschreckest du mich denn? – O Recha!
O meine Recha!

Daja. Eure? Eure Recha?

Nathan.
Wenn ich mich wieder je entwöhnen müßte,
Dies Kind mein Kind zu nennen!

Daja. Nennt Ihr alles,
Was Ihr besitzt, mit ebensoviel Rechte
Das Eure?

Nathan. Nichts mit größerm! Alles, was
Ich sonst besitze, hat Natur und Glück
Mir zugeteilt. Dies Eigentum allein
Dank ich der Tugend.

Daja. O wie teuer laßt
Ihr Eure Güte, Nathan, mich bezahlen!
Wenn Güt’, in solcher Absicht ausgeübt,
Noch Güte heißen kann!

Nathan. In solcher Absicht?
In welcher?

Daja. Mein Gewissen …

Nathan. Daja, laß
Vor allen Dingen dir erzählen …

Daja. Mein
Gewissen, sag ich …

Nathan. Was in Babylon
Für einen schönen Stoff ich dir gekauft.
So reich, und mit Geschmack so reich! Ich bringe
Für Recha selbst kaum einen schönern mit.

Daja.
Was hilfts? Denn mein Gewissen, muß ich Euch
Nur sagen, läßt sich länger nicht betäuben.

Nathan.
Und wie die Spangen, wie die Ohrgehenke,
Wie Ring und Kette dir gefallen werden,
Die in Damaskus ich dir ausgesucht:
Verlanget mich zu sehn.

Daja. So seid Ihr nun!
Wenn Ihr nur schenken könnt! nur schenken könnt!

Nathan.
Nimm du so gern, als ich dir geb: – und schweig!

Daja.
Und schweig! Wer zweifelt, Nathan, daß Ihr nicht
Die Ehrlichkeit, die Großmut selber seid?
Und doch …

Nathan. Doch bin ich nur ein Jude. – Gelt,
Das willst du sagen?

Daja. Was ich sagen will,
Das wißt Ihr besser.

Nathan. Nun so schweig!

Daja. Ich schweige.
Was Sträfliches vor Gott hierbei geschieht,
Und ich nicht hindern kann, nicht ändern kann, –
Nicht kann, – komm’ über Euch!

Nathan. Komm’ über mich! –
Wo aber ist sie denn? wo bleibt sie? – Daja,
Wenn du mich hintergehst! – Weiß sie es denn,
Daß ich gekommen bin?

Daja. Das frag ich Euch!
Noch zittert ihr der Schreck durch jede Nerve.
Noch malet Feuer ihre Phantasie
Zu allem, was sie malt. Im Schlafe wacht,
Im Wachen schläft ihr Geist: bald weniger
Als Tier, bald mehr als Engel.

Nathan. Armes Kind!
Was sind wir Menschen!

Daja. Diesen Morgen lag
Sie lange mit verschloßnem Aug’, und war
Wie tot. Schnell fuhr sie auf, und rief: «Horch! horch!
Da kommen die Kamele meines Vaters!
Horch! seine sanfte Stimme selbst!» – Indem
Brach sich ihr Auge wieder: und ihr Haupt,
Dem seines Armes Stütze sich entzog,
Stürzt auf das Kissen. – Ich, zur Pfort’ hinaus!
Und sieh: da kommt Ihr wahrlich! kommt Ihr wahrlich! –
Was Wunder! ihre ganze Seele war
Die Zeit her nur bei Euch – und ihm. –

Nathan. Bei ihm?
Bei welchem Ihm?

Daja. Bei ihm, der aus dem Feuer
Sie rettete.

Nathan. Wer war das? wer? – Wo ist er?
Wer rettete mir meine Recha? wer?

Daja.
Ein junger Tempelherr, den, wenig Tage
Zuvor, man hier gefangen eingebracht,
Und Saladin begnadigt hatte.

Nathan. Wie?
Ein Tempelherr, dem Sultan Saladin
Das Leben ließ? Durch ein geringres Wunder
War Recha nicht zu retten? Gott!

Daja. Ohn’ ihn,
Der seinen unvermuteten Gewinst
Frisch wieder wagte, war es aus mit ihr.

Nathan.
Wo ist er, Daja, dieser edle Mann? –
Wo ist er? Führe mich zu seinen Füßen.
Ihr gabt ihm doch vors erste, was an Schätzen
Ich euch gelassen hatte? gabt ihm alles?
Verspracht ihm mehr? weit mehr?

Daja. Wie konnten wir?

Nathan.
Nicht? nicht?

Daja. Er kam, und niemand weiß woher.
Er ging, und niemand weiß wohin. – Ohn’ alle
Des Hauses Kundschaft, nur von seinem Ohr
Geleitet, drang, mit vorgespreiztem Mantel,
Er kühn durch Flamm’ und Rauch der Stimme nach,
Die uns um Hilfe rief. Schon hielten wir
Ihn für verloren, als aus Rauch und Flamme
Mit eins er vor uns stand, im starken Arm
Empor sie tragend. Kalt und ungerührt
Vom Jauchzen unsers Danks, setzt seine Beute
Er nieder, drängt sich unters Volk und ist
Verschwunden!

Nathan. Nicht auf immer, will ich hoffen.

Daja.
Nachher die ersten Tage sahen wir
Ihn untern Palmen auf und nieder wandeln,
Die dort des Auferstandnen Grab umschatten.
Ich nahte mich ihm mit Entzücken, dankte,
Erhob, entbot, beschwor, – nur einmal noch
Die fromme Kreatur zu sehen, die
Nicht ruhen könne, bis sie ihren Dank
Zu seinen Füßen ausgeweinet.

Nathan. Nun?

Daja.
Umsonst! Er war zu unsrer Bitte taub;
Und goß so bittern Spott auf mich besonders …

Nathan. Bis dadurch abgeschreckt …

Daja. Nichts weniger!
Ich trat ihn je den Tag von neuem an;
Ließ jeden Tag von neuem mich verhöhnen.
Was litt ich nicht von ihm! Was hätt’ ich nicht
Noch gern ertragen! – Aber lange schon
Kommt er nicht mehr, die Palmen zu besuchen,
Die unsers Auferstandnen Grab umschatten;
Und niemand weiß, wo er geblieben ist.
Ihr staunt? Ihr sinnt?

Nathan. Ich überdenke mir,
Was das auf einen Geist, wie Rechas, wohl
Für Eindruck machen muß. Sich so verschmäht
Von dem zu finden, den man hochzuschätzen
Sich so gezwungen fühlt; so weggestoßen
Und doch so angezogen werden; – Traun,
Da müssen Herz und Kopf sich lange zanken,
Ob Menschenhaß, ob Schwermut siegen soll.
Oft siegt auch keines; und die Phantasie,
Die in den Streit sich mengt, macht Schwärmer,
Bei welchen bald der Kopf das Herz, und bald
Das Herz den Kopf muß spielen. – Schlimmer Tausch! –
Das letztere, verkenn ich Recha nicht,
Ist Rechas Fall: sie schwärmt.

Daja. Allein so fromm,
So liebenswürdig!

Nathan. Ist doch auch geschwärmt!

Daja.
Vornehmlich Eine – Grille, wenn Ihr wollt,
Ist ihr sehr wert. Es sei ihr Tempelherr
Kein irdischer und keines...

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