Leuchtfeuer - Die Schwestern vom Waldfriede - Roman. Die mitreißende historische Saga - jeder Band ein Bestseller!

Leuchtfeuer - Die Schwestern vom Waldfriede - Roman. Die mitreißende historische Saga - jeder Band ein Bestseller!

von: Corina Bomann

Penguin Verlag, 2022

ISBN: 9783641283032

Sprache: Deutsch

624 Seiten, Download: 2011 KB

 
Format:  EPUB, auch als Online-Lesen

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Leuchtfeuer - Die Schwestern vom Waldfriede - Roman. Die mitreißende historische Saga - jeder Band ein Bestseller!



3. Kapitel


Berlin, 6. Mai 1930

Als sie das Sprechzimmer betrat, huschte ein Lächeln über Hannas Gesicht. Die Kur an der Ostsee hatte ihren von der Infektion geschundenen Lungen gutgetan. Doch schon bald hatte ihr das Krankenhaus gefehlt. Sie hatte ständig daran denken müssen, wie es wohl ohne sie lief und wie Dr. Conradi zurechtkommen würde. In den letzten Tagen des Aufenthaltes hatte sie der Rückkehr ins Waldfriede regelrecht entgegengefiebert.

Heute war ihr erster regulärer Arbeitstag, nachdem sie den vergangenen Nachmittag damit verbracht hatte, auszupacken und ihre Post zu sichten. Ein Brief ihrer Mutter war darunter gewesen, außerdem hatte ihr eine Schwester aus Amerika geschrieben, die sie auf der letzten Schwesterntagung kennengelernt hatte.

Es war schön gewesen, am Abend wieder mit ihren Kolleginnen im Speisesaal zu sitzen. Elisabeth und Else hatten ihr Löcher in den Bauch gefragt und von der großen Feier berichtet. Einmal mehr war Hanna klar geworden, dass sie hier eine Familie waren.

Nun freute sie sich auf die Patienten und auch auf die Chronik, an der sie nach Feierabend arbeitete. Akribisch notierte sie die Vorgänge im Waldfriede in kleine Notizbücher, um dann am Ende des Jahres eine Zusammenfassung der wichtigsten Ereignisse niederzuschreiben. Eigens dazu hatte Dr. Conradi eine Schreibmaschine angeschafft.

Angesichts ihrer Krankheit war sie nicht dazu gekommen, weitere Einträge zu verfassen, doch jetzt fühlte sie sich stark genug, auch diese Arbeit wieder in Angriff zu nehmen. Durch das, was Elisabeth und Else ihr erzählt hatten, hatte sie genug Material für weitere Seiten.

Ein Klopfen riss sie aus ihren Gedanken.

»Ja, bitte«, rief sie, worauf eines der Hausmädchen eintrat.

»Schwester Hanna, da ist ein Brief für Sie gekommen«, sagte sie und reichte ihr das Schreiben. Der Absender war das Gesundheitsamt von Zehlendorf. Warum schrieben sie ihr? Sie hatte keine meldepflichtige Erkrankung gehabt …

Hanna riss entschlossen den Umschlag auf und zog das Schreiben hervor. »Das gibt es doch nicht!«, rief sie im nächsten Augenblick erschrocken und schlug die Hand vor den Mund.

***

Mit geschwollenen Augen starrte Lilly aus dem Fenster. Eine Woche war sie nun schon arbeitslos, und in ganz Berlin schien es keine Klinik zu geben, die Personal brauchte.

Um vor ihrer Vermieterin den Schein zu wahren, ging sie jeden Morgen aus dem Haus. Frau Hausmann war zuzutrauen, dass sie ihr das Zimmer kündigte, wenn sie von ihrem Rauswurf erfuhr.

Doch wie lange konnte sie noch durchhalten?

Ihr Blick schweifte zu dem kleinen Schreibtisch neben sich. Der Brief, den sie vor einigen Tagen erhalten hatte, lag noch immer dort. Sie hatte ihn einmal gelesen, dann aber nicht mehr angefasst. Er hatte ihr Problem noch verschlimmert, und sie wollte gar nicht daran denken, was geschah, wenn sie nicht bald eine Anstellung fand. Die Wohnung zu verlieren war eine Sache, doch es konnte noch weitaus übler für sie kommen.

Seufzend löste sie sich vom Fenster, zog ihren Mantel über und griff nach ihrer Tasche. In der steckten, für den Fall, dass jemand auf ihre Anfrage positiv reagierte, alle Unterlagen, die sie für eine Bewerbung brauchte.

Auf dem Weg nach unten hörte sie es in der Küche klappern. Offenbar war Frau Hausmann beschäftigt. Gut so, dachte Lilly und strebte der Tür zu.

»Soll ich Ihnen vielleicht etwas vom Kolonialwarenladen mitbringen?«, tönte da eine Stimme im Hintergrund. Lilly stockte.

»Danke, Frau Hausmann, nicht nötig«, antwortete sie schnell. »Einen schönen Tag!«

Ohne eine Erwiderung abzuwarten, zog Lilly die Haustür auf und trat auf den Gehweg.

Wie jeden Morgen, seit sie die Charité verlassen hatte, steuerte sie als Erstes den Zeitungskiosk an. Dutzende Zeitungen und Zeitschriften stapelten sich dort in der Auslage.

Da der Verkäufer, ein untersetzter Mann mit schütterem Haar und Hosenträgern über dem Hemd, gerade ins Gespräch mit einer seiner Kundinnen vertieft war, zog Lilly ein Exemplar der Berliner Allgemeinen Zeitung hervor.

Nach einem raschen Blick auf den Verkäufer schlug sie das Blatt auf und suchte nach den Anzeigen. Zwanzig Pfennig für eine Zeitung auszugeben, an der sie nur wenige Seiten interessierten, war in ihren Augen eine Verschwendung, besonders jetzt, wo sie jeden Groschen zweimal umdrehen musste.

Nach einer Weile fand sie das Gesuchte und ging die Kästchen mit den Inseraten durch. Es wurden Sekretärinnen gebraucht und Dienstmädchen, hier und da eine Pflegerin für eine alte Dame.

Eine Zeile weiter sprang ihr ins Auge: »Freundliche und qualifizierte Krankenschwester gesucht«. Lillys Herz begann zu pochen. War das möglich?

»He, Kleene, entweder koofste oder ziehst Leine!«, schnauzte der Kioskbesitzer.

Ertappt blickte Lilly auf. Vor Konzentration auf das Inserat hatte sie nicht mitbekommen, dass die Kundin gegangen war.

Der Mann stemmte die Hände in die Seiten und funkelte sie böse an.

»Entschuldigung«, murmelte Lilly und kramte ihre Geldbörse aus der Tasche. Dann schaute sie erneut auf das Inserat und dachte: Das ist meine Rettung!

***

Aufgewühlt ging Hanna im Sprechzimmer auf und ab. Der Brief vom Oberprovinzial-Schulkollegium, der verkündet hatte, dass sie sich zu einer erneuten Prüfung ihrer Röntgenkenntnisse einfinden sollte, brannte regelrecht in ihrer Schürzentasche. Was sollte das? Warum wollte man ihren Abschluss nicht mehr anerkennen? Sie erinnerte sich noch gut an den Röntgenkurs am Virchow-Krankenhaus. Und jetzt tat man so, als hätte es ihre Ausbildung nicht gegeben?

Ein noch größeres Problem war der Termin. Der 31. Mai, an dem die Prüfung stattfinden sollte, war ein Samstag! Aber wenn sie ihre Berechtigung, als Röntgenschwester zu arbeiten, behalten wollte, musste sie diese Prüfung bestreiten …

Hanna seufzte schwer. Am liebsten wäre sie gleich zu Dr. Conradi gelaufen, doch der machte gerade seinen Visiterundgang auf der I. Frauenstation. Im Sprechzimmer konnte sie allerdings auch nicht bleiben. Ihre Hände brauchten etwas zu tun, damit sie nicht vor Sorge und Aufgebrachtheit platzte!

Mit langen Schritten eilte sie den Gang entlang, vorbei am OP, in dem ihre Kolleginnen gerade einen Eingriff vorbereiteten. Dort würde sie nicht helfen können, wohl aber konnte sie nach dem Röntgenzimmer sehen und die Entwicklerflüssigkeiten austauschen.

»Entschuldigen Sie bitte«, ertönte eine Stimme von der Seite.

Hanna wandte sich um. Die schlanke junge Frau, die neben der Wartenische zum Röntgen stand, hätte sie vor lauter Nachdenken beinahe übersehen.

»Was kann ich für Sie tun?«, fragte sie und versuchte, ihren Ärger ein wenig zurückzudrängen.

»Ich …« Die Frau schluckte und umklammerte den Griff ihrer Tasche fester.

»Wollen Sie zu einem Patienten? Oder haben Sie einen Termin bei Dr. Conradi?«

»Ich … ich wollte mich vorstellen. Auf die Annonce in der Zeitung.«

Hanna zog überrascht die Augenbrauen hoch. »Sie sind Krankenschwester?«

»Ja. Ich bin an der Charité ausgebildet worden, aber jetzt suche ich nach einer neuen Anstellung.«

Hanna musterte sie. Sie mochte vielleicht zwanzig sein, viel jünger als sie zu dem Zeitpunkt, als sie ins Waldfriede gekommen war.

»Wie ist denn Ihr Name?«, fragte Hanna. Die Sorge um den Brief trat jetzt endgültig in den Hintergrund.

»Lilly. Lilly Wegner«, antwortete die Frau.

»Na dann kommen Sie mal mit! Der Doktor müsste bald von der Visite zurück sein.«

***

Lilly schlug das Herz bis zum Hals. Es war ihr peinlich, dass sie auf die Ansprache der Schwester so unsicher reagiert hatte. Wenn sie vor einer Schwester schon ins Stocken geriet, wie sollte sie den Klinikleiter von sich überzeugen?

Sie strich über ihre Tasche und wollte gerade ihre Unterlagen hervorholen, als sich die Tür des Sprechzimmers öffnete.

Der Mann im Arztkittel war recht groß, hatte braunes Haar, das an den Seiten schon etwas schütter wurde. Unter der langen, geraden Nase trug er einen Schnurrbart, die blaue Krawatte passte hervorragend zu seinen Augen.

»Fräulein Wegner?«, fragte er und reichte ihr die Hand. »Ich bin Dr. Conradi.«

»Freut mich, Sie kennenzulernen.« Lilly erhob sich und erwiderte seinen Händedruck.

»Schwester Hanna sagte mir, dass Sie wegen unseres Gesuchs in der Zeitung gekommen sind.«

»Ja, das bin ich«, gab Lilly zurück.

»Ich nehme an, Sie haben Ihre Ausbildung bereits abgeschlossen?« Conradis Blick wanderte über ihre Gestalt, bevor er sich auf seinen Stuhl niederließ.

»Natürlich.« Lilly ärgerte sich ein wenig, dass er sie für eine Schülerin hielt. Sie wusste, dass sie jünger aussah als viele andere Frauen ihres Alters. Meist glaubten die Leute, dass sie mit ihr umspringen konnten, als wäre sie noch ein Kind.

»Wo haben Sie bisher gearbeitet?«, fragte Conradi.

»In der Charité, Chirurgische Klinik«, antwortete sie.

»Bei Professor Sauerbruch?« Conradi hob interessiert die Augenbrauen.

»Ja, aber ich habe nicht mit ihm im OP gestanden.«

»Man hört gute Dinge über ihn.«

Wenn Sie wüssten, dachte Lilly, die froh darüber war, dass Dr. Conradi, im Gegensatz zu Sauerbruch, nicht die Angewohnheit zu haben...

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