Einfärben von Kunststoffen

Einfärben von Kunststoffen

von: Albrecht Müller

Carl Hanser Fachbuchverlag, 2002

ISBN: 9783446401297

Sprache: Deutsch

269 Seiten, Download: 1795 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Einfärben von Kunststoffen



3.2 Migrationsechtheit (S. 19-20)

Bei der Migration handelt es sich nach DIN 53775 Teil 3 um die Wanderung eines Farbmittels aus einem damit gefärbten Medium an die Oberfläche (Ausblühen) oder in ein anderes Medium (Ausbluten) [17]. Von Ausblühen wird dann gesprochen, wenn das gelöste Farbmittel an die Oberfläche wandert und dort auskristallisiert. Ein Farbmittel kann nur dann wandern und anschließend kristallisieren, wenn es gelöst vorliegt. Mit anderen Worten, nur Farbstoffe können ausblühen, denn Pigmente sind definitionsgemäß im Anwendungsmedium unlöslich.

Der Vorgang des Ausblutens ist dagegen vielschichtiger, denn es hat sich eingebürgert, dies nicht auf Farbmittel zu beschränken, sondern auf alle anderen Substanzen, d. h. auch farblose, zu erweitern. Ein typisches Beispiel, wo die Migration sogar notwendig zur Wirkungsentfaltung ist, sind die Antistatika. Nur wenn diese an die Oberfläche wandern, können sie auch antistatisch wirken. Nach der obigen Definition für die Migration kommen zwei Mechanismen in Frage. Enthält das eingefärbte Kunststoffteil eine flüssige Komponente, z. B. Weichmacher, so kann diese an die Oberfläche wandern und dabei die Farbpigmente sozusagen mitschleppen.

Dies tritt bevorzugt dann ein, wenn zumindest eine Teillöslichkeit des Pigments im Weichmacher vorliegt. Dies ist auch der Grund, warum eine ganze Reihe von Pigmenten in weichmacherhaltigem PVC-P nicht, in weichmacherfreiem PVC dagegen problemlos zur Farbeinstellung eingesetzt werden kann. Eine andere, in dieser Hinsicht kritische Kunststoffklasse sind Polyurethane (PUR), die des öfteren ebenfalls Weichmacher enthalten. Bei Kontakt mit anderen Flächen werden diese dann entsprechend angefärbt. Für diesen Mechanismus gibt es zahlreiche Beispiele. Der zweite Mechanismus einer Farbmittelwanderung ist der Kontakt einer Oberfläche mit einem Lösemittel bzw. Kontakt mit einem anderen, z. B. weichmacherhaltigen Körper. Der Kontakt mit einem Lösemittel wird vor allem im Bereich Verpackung angetroffen, weil die Füllgüter oft Lösemittel enthalten.

Hier spielt es keine Rolle, ob ein organisches Pigment oder ein Farbstoff zur Einfärbung verwendet worden ist. Entscheidend für eine mögliche Migration ist die Löslichkeit des verwendeten Farbmittels im Lösemittel oder Lösemittelgemisch. Eine andere, nicht weniger wichtige, aber mitunter vernachlässigte Möglichkeit eines Lösemittelkontakts ist die chemische Reinigung bzw. sind Haushaltsreiniger. Der Kontakt mit einem weichmacherhaltigen Körper kann dann gegeben sein, wenn ein z. B. aus PVC-P oder weichmacherhaltigem PUR bestehender Gegenstand mit einem anderen Kunststoffgegenstand in Berührung kommt oder in einem Fertigteil miteinander kombiniert ist.

Auf dem Kontakt einer weiß eingefärbten PVC-P-Folie mit einem anderen eingefärbten Gegenstand beruht eine viel benutzte Methode zur Bestimmung der Migration eines Farbmittels. Die Versuchsbedingungen wie Dauer des Kontakts, Temperatur sowie Gewicht zur Erreichung eines innigen Kontakts beider Gegenstände sind vorgegeben, so ist auch die Zusammensetzung der PVC-Folie genau beschrieben (DIN 53775 Teil 3).

Die Ausweitung der Migrationsprüfung auf alle Substanzen ist u. a. die Folge der Reinheitsforderungen beim Kontakt von Bedarfsgegenständen mit Lebensmitteln. In dem Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetze § 31, Absatz 1 heißt es: „Es ist verboten, Gegenstände als Bedarfsgegenstände im Sinne § 5, Abschnitt 1 gewerbsmäßig so zu verwenden oder für solche Verwendungszwecke in den Verkehr zu bringen, dass von ihnen Stoffe auf Lebensmittel oder deren Oberfläche übergehen, ausgenommen gesundheitlich, geruchlich oder geschmacklich unbedenkliche Anteile, die technisch unvermeidbar sind". Mit anderen Worten, es sollte nichts migrieren, es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um Substanzen von der Polymerisation des Kunststoffs, Farbmittel, Verarbeitungshilfen oder andere Zuschlagstoffe im Kunststoff handelt. In anderen Ländern gelten sinngemäß ganz analoge Forderungen. Für diese Prüfungen gelten die Vorschriften der BgVV-Empfehlung, Kapitel B II/ IX [18]. Hierbei kommen Testflüssigkeiten zum Einsatz, die die verschiedenen Arten von Lebensmitteln simulieren sollen.

Es handelt sich dabei um:

• destilliertes Wasser,
• zweiprozentige (Gew.-%) Essigsäure,
• zehnprozentiger (Vol.-%) Ethylalkohol oder
• Kokosfett bzw. -öl oder Erdnussöl.

Kann das Lebensmittel nicht eindeutig in eine der obigen Kategorien eingestuft werden, können weitere, auf dieses Lebensmittel bezogen Testflüssigkeiten zum Einsatz kommen. Im Kapitel BII/IX sind auch die Prüfbedingungen genau beschrieben. Bei Spielzeug kommt noch eine weitere Methoden zur Bestimmung der Migration hinzu, es handelt sich dabei um die Speichel- bzw. Schweißechtheit, deren Bestimmung in DIN 53160 beschrieben wird [19]. Die dabei verwendeten Testflüssigkeiten sind dem Speichel bzw. dem Schweiß nachempfunden.

Es sollte in diesem Zusammenhang bereits darauf hingewiesen werden, dass in den Reinheitsanforderungen für Kunststoffe, die zur Herstellung und/oder Verarbeitung zulässigen Substanzen nicht nur namentlich genannt sind, sondern vielfach auch ihr maximal zulässiger Gehalt sowie die spezifischen Migrationsgrenzwerte.

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