Gender Mainstreaming - Lernprozesse in wissenschaftlichen, kirchlichen und politischen Organisationen

Gender Mainstreaming - Lernprozesse in wissenschaftlichen, kirchlichen und politischen Organisationen

von: Christiane Burbach, Peter Döge (Hrsg.)

Vandenhoeck & Ruprecht, 2006

ISBN: 9783525604250

Sprache: Deutsch

228 Seiten, Download: 3061 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Gender Mainstreaming - Lernprozesse in wissenschaftlichen, kirchlichen und politischen Organisationen



HEIKE KAHLERT
1. Gender Mainstreaming im Hochschulwesen: Handlungsfelder, Strategien und Erträge der Implementation
(S. 123-124)

Auf dem Weg zu einer geschlechtergerechten Hochschule Im europäischen Vergleich schneiden die deutschen Hochschulen schlecht ab, wenn es um die Bewertung der erreichten Geschlechtergleichstellung beim wissenschaftlichen Personal geht: Sie bilden hier, zusammen mit den österreichischen, schweizerischen, belgischen und niederländischen Hochschulen, das Schlusslicht.

Christine Färber hat daher die These aufgestellt, dass die deutschen Hochschulen in gleichstellungspolitischer Hinsicht »Entwicklungsland« seien. Zwar wiesen eine Reihe von ihnen Fortschritte in der Geschlechtergleichstellung auf, aber keine Hochschule beziehe die Gleichstellungsperspektive systematisch in alle Handlungsfelder und auf allen Ebenen der Ablauf- und Aufbauorganisation ein, d.h. keine Hochschule verfolge diesen Ansatz konsequent, ganzheitlich und erfolgreich. Mit ähnlichem Tenor bezeichnet Edit Kirsch-Auwärter die Umsetzung von Gender Mainstreaming als »einen komplexen und voraussetzungsvollen Steuerungsimpuls an Hochschulen«. Die Implementation sei viel versprechend und bliebe auf die Weiterentwicklung von Expertise und deren Verankerung in den hochschulischen Leitungsstrukturen angewiesen.

In diesen Ausführungen scheint die Vision einer geschlechtergerechten Hochschule auf. Um der Realisierung dieser Vision zumindest deutlich näher zu kommen, sind die Hochschulen aufgefordert, mit der Implementation von Gender Mainstreaming einen komplexen Organisationsentwicklungsprozess zu durchlaufen. Dabei erweist es sich bei der Ausgangslage in Deutschland als sinnvoll, die Gleichstellung der Geschlechter bottom-up (im Sinne der herkömmlichen Frauenförderung) und top-down (im Sinne von Gender Mainstreaming) zu verfolgen, denn durch das Zusammenwirken beider Prinzipien können zahlreiche Synergieeffekte entstehen. Da Frauenförderung inzwischen allen Hochschulen vertraut sein sollte, konzentriere ich mich im Folgenden auf Gender Mainstreaming.

Einige deutsche Hochschulen, z.B. die Universität Dortmund oder die Johannes-Gutenberg-Universität Mainz, haben bereits Pilotprojekte zur Implementation von Gender Mainstreaming initiiert, zumeist unterstützt durch organisationsexterne wie -interne Expertise und Mittel. Die folgenden Ausführungen zu Handlungsfeldern, Strategien und Erträgen der Implementation von Gender Mainstreaming an Hochschulen basieren wesentlich auf Ergebnissen und Erfahrungen aus zwei von mir durchgeführten Forschungs- und Beratungsprojekten: einer Expertise zu gleichstellungsbezogenen Chancen und Risiken der inzwischen vollzogenen Fusion der Universitäten Essen und Duisburg und einer Studie zur Strategieentwicklung zur Implementation von Gender Mainstreaming an den Hochschulen Mecklenburg-Vorpommerns. Vorangestellt sind einige Überlegungen zur Hochschule als Organisation.

Hochschule als Organisation

Die Implementation von Gender Mainstreaming in Hochschulen erweist sich in mehrfacher Hinsicht als Herausforderung. Hochschulen gehören zum Organisationstyp der Expertenorganisation.

Organisationen dieses Typs sind durch ihre bürokratische, aber dezentralisierte Struktur in einem losen Verbund von einzelnen Einheiten (z.B. Instituten, aber auch Individuen) ohne systematisch fachlich und organisatorisch aufeinander bezogenen Zusammenhang gekennzeichnet. Der Schlüssel zu ihrem Funktionieren ist die Bildung von einzelnen Fächern, in denen die einzelnen Professionals selbstständig arbeiten. Die Professionals bilden den operativen Kern und Hauptteil der Expertenorganisation.

Die Kontrolle ihrer Arbeit erfolgt wesentlich durch die jeweilige Fachdisziplin bzw. -gemeinschaft (»scientific community«). Das hat auch zur Folge, dass die Organisationszugehörigkeit für die Professionals von vergleichsweise untergeordneter Bedeutung ist.

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