Wenn Nervensägen an unseren Nerven sägen

Wenn Nervensägen an unseren Nerven sägen

von: Rudi Rhode, Mona Sabine Meis

Kösel-Verlag, 2006

ISBN: 9783466307128

Sprache: Deutsch

183 Seiten, Download: 4494 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

geeignet für: Apple iPad, Android Tablet PC's Online-Lesen PC, MAC, Laptop


 

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Wenn Nervensägen an unseren Nerven sägen



Die innere Haltung – mentale Techniken (S. 54-55)

Die Erfahrung lehrt uns: Gegen jede Regel wird mehr oder weniger häufig verstoßen. Denn wie wir gezeigt haben, steckt fast hinter jedem Verstoß der Wunsch der regelverletzenden Person, sich ein oder mehrere Bedürfnisse zu erfüllen:

• Ein schwätzender Schüler im Unterricht möchte nicht den Lehrer verärgern, sondern seinem Bedürfnis nach Ablenkung und Unterhaltung nachkommen.

• Ein nach Eis schreiendes Kind im Supermarkt will nicht primär die Mutter belästigen, sondern seinen Heißhunger nach Süßem stillen.

• Ein Jugendlicher, der seine Kippe im Jugendzentrum auf dem Boden ausdrückt, möchte nicht den Sozialarbeiter verstimmen. Er ist vielmehr achtlos, hat abweichende Ordnungs- und Sauberkeitsgewohnheiten oder will mit seiner »Coolness« den Kumpels und Mädchen imponieren.

Aus der Distanz und mit der nötigen Gelassenheit fällt uns eine nüchterne Betrachtungsweise der Regelverletzungen unserer Kinder und Jugendlichen leicht: Wir können ihre Bedürfnisse hinter den Regelverstößen erkennen. Doch in der Hektik des Alltags scheint unsere analytische oder einfühlsame Sicht der Dinge oft wie weggeblasen.

Wir fühlen uns durch eine Regelverletzung persönlich angegriffen und schießen zurück:

• Wir empfinden das Gespräch zwischen zwei Schülern im Unterricht als persönliche Verletzung, denn schließlich stellen sie unseren spannenden Unterricht in Frage: »Dämliche Ignoranten.«

• Das weinende Kind führt uns in der Öffentlichkeit des Supermarkts als pädagogische Versager vor: »Kleiner, aufsässiger Schreihals.«

• Der Jugendliche mit seiner weggeworfenen Kippe stellt unsere Toleranz auf eine harte Probe: »Umwelt-Ignorant« beziehungsweise »Möchtegern-Cooler.«

Und schon ist es vorbei mit der Gelassenheit, der Souveränität und der Selbstsicherheit im Konflikt: Wir fahren aus der Haut. Und welche coolen Sprüche schallen uns ausgerechnet von denen entgegen, die die jeweilige Regel missachten?

»Bleib locker, Alter!«, »Ey, immer cool bleiben!« oder auch »Nun bleiben Sie doch mal geschmeidig!« Unsere kleinen und großen Kontrahenten entlarven unsere Aggressivität und Verbissenheit als das, was sie in Wirklichkeit sind: Ausdruck von Anspannung und Stress, aber auch von Unsicherheit, Hilflosigkeit und Angst. Von wegen »Gelassenheit siegt« – wir sind »tief verspannt im Hier und Jetzt«.

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