Lehrbuch Klinische Psychologie - Psychotherapie

Lehrbuch Klinische Psychologie - Psychotherapie

von: Meinrad Perrez, Urs Baumann (Hrsg.)

Hogrefe AG, 2005

ISBN: 9783456942414

Sprache: Deutsch

1221 Seiten, Download: 24459 KB

 
Format:  PDF, auch als Online-Lesen

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Lehrbuch Klinische Psychologie - Psychotherapie



6 Epidemiologie (Roselind Lieb) (S. 149-150)

1. Definition und Aufgabenbereiche
1.1 Was ist Epidemiologie?
Epidemiologie lässt sich definieren als «die Untersuchung der Verteilung und der Determinanten von gesundheitsbezogenen Zuständen oder Ereignissen in umschriebenen Bevölkerungsgruppen sowie die Anwendung dieser Ergebnisse zur Steuerung von Gesundheitsproblemen » (Last, 1995). Epidemiologie beschränkt sich nicht – wie häufig fälschlicherweise angenommen wird – auf die Untersuchung des Ausmaßes von Krankheiten in der Bevölkerung, sondern konzentriert sich ebenfalls auf die Identifikation von Faktoren, die ursächlich an der Entstehung einer Krankheit beteiligt sind. Krankheiten entstehen nach der «klassischen» epidemiologischen Triade aus einer Wechselbeziehung zwischen dem Wirt (dem Menschen selbst), einem schädlichen Agens sowie der Umwelt. Nach diesem Ansatz resultieren Krankheiten aus dem Wechselspiel bzw. der Interaktion von unterschiedlichen, diesen Bereichen zuzuordnenden Faktoren. Es gehört ebenfalls zu den Aufgaben der Epidemiologie, dieses Zusammenspiel der vielfältigen, an der Entstehung von Erkrankungen beteiligten, Faktoren zu untersuchen. Neben experimentellen, klinischen und Laboruntersuchungen stellt die Epidemiologie somit eine zentrale Disziplin der Ätiologieforschung dar. Epidemiologische Forschung umfasst folglich Fragen der Ursachenforschung wie auch Fragen der öffentlichen Gesundheitsversorgung.

Üblicherweise wird die Epidemiologie in die deskriptive und die analytische Epidemiologie eingeteilt. Die deskriptive Epidemiologie fokussiert auf die Beschreibung der Verteilung von Krankheiten (bzw. der untersuchten Krankheitsphänomene) in einer definierten Zielpopulation. Ein typisches Beispiel für eine Fragestellung wäre hier etwa:Welcher Anteil der Bevölkerung ist aktuell (z.B. innerhalb der letzten vier Wochen) von einer Depression betroffen? Die analytische Epidemiologie hingegen verfolgt das Ziel, Ursachen- und Risikofaktoren von Krankheiten zu ermitteln. Sie beschäftigt sich insbesondere mit der Frage nach Zusammenhängen zwischen bestimmten «Expositionsfaktoren» und der untersuchten Zielgröße. Der Begriff «Expositionsfaktor» umfasst dabei sowohl innerhalb als auch außerhalb einer Person liegende Faktoren, welche die Wahrscheinlichkeit erhöhen (oder senken), dass eine Person die untersuchte Zielgröße (z.B. eine bestimmte Störung) entwickelt. Ein Beispiel für eine analytische Fragestellung wäre etwa: Erhöht das Erleben eines traumatischen Ereignisses in der Kindheit (Expositionsfaktor) das Risiko für die Entwicklung einer späteren Depression (Zielgröße)? Deskriptive und analytische Epidemiologie sind nicht voneinander unabhängige Teildisziplinen, da Ergebnisse der deskriptiven Epidemiologie unmittelbar zur Frage nach den Determinanten oder Ursachen von Erkrankungen führen können. So würde etwa die Beobachtung, dass eine untersuchte Krankheit häufiger bei Frauen als bei Männern vorkommt, unmittelbar die Frage nach sich ziehen, welche Faktoren für diese unterschiedliche Verteilung verantwortlich sind. Das Forschungsfeld der Epidemiologie psychischer Störungen befasst sich ganz speziell mit der Beantwortung epidemiologischer Fragestellungen auf dem Gebiet der psychischen Störungen.

1.2 Aufgabenbereiche
Neben weiteren in der Literatur angeführten Aufgabenbereichen epidemiologischer Forschung auf dem Gebiet psychischer Störungen (vgl. Häfner, 1978;Wittchen & Perkonigg, 1996) lassen sich als besonders relevant hervorheben:

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